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Sipri-Bericht: Europa rüstet auf
Sipri-Bericht dokumentiert Verdopplung der europäischen Waffenimporte zwischen 2019 und 2023
Europas Waffenimporte haben sich einer Studie zufolge in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt, während der weltweite Waffenhandel insgesamt leicht zurückging. Der Anstieg ist auch auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen, aber nicht nur. Zugleich hat Russland den zweiten Platz als weltgrößter Waffenexporteur abgeben müssen, zwischen 2019 und 2023 halbierten sich die Ausfuhren, wie aus einem am Montag veröffentlichten Bericht des Internationalen Friedensforschungsinstituts in Stockholm (Sipri) hervorgeht.
Die USA blieben unangefochten auf Platz eins der Exporteure: Im Zeitraum 2019 bis 2023 belieferten sie 107 Staaten. Das sind mehr als in jedem anderen Fünfjahreszeitraum zuvor und weit mehr als jedes andere Land: 42 Prozent der weltweit gehandelten Waffen kommen aus den USA – ein globaler Anstieg um 8 Prozentpunkte zum vorherigen Vergleichszeitraum. Frankreich, Russland, China und Deutschland liegen auf den Folgeplätzen der weltweiten Waffenlieferanten. Alle zusammen machten etwa 75 Prozent der gesamten Waffenexporte aus.
Gleichzeitig verringerten sich die Waffenausfuhren aus Russland in den vergangenen zehn Jahren um 53 Prozent und damit rund die Hälfte. Russland exportierte nicht nur weniger Waffen, sondern hatte auch weniger Abnehmer als zuvor. 2019 kauften 31 Länder Waffen aus Russland – 2023 waren es nur noch zwölf Staaten. Frankreich hingegen hat seine Waffenexporte um 47 Prozent gesteigert und damit Russland als zweitgrößten Exporteur abgelöst. Deutschland steht an fünfter Stelle.
Mindestens 30 Staaten lieferten der Ukraine nach der russischen Invasion im Februar 2022 große Mengen an Rüstungsgütern, meist in Form von Militärhilfe. Die Ukraine war im Jahr 2023 folglich der mit Abstand größte Waffenimporteur der Welt. Die USA lieferten 39 Prozent der ukrainischen Waffenimporte, gefolgt von Deutschland (14 Prozent) und Polen (13 Prozent). Mit Blick auf den gesamten Zeitraum 2019 bis 2023 landeten die Ukrainer auf Platz vier der weltweiten Waffenimporteure, gleich hinter Indien, Saudi-Arabien und Katar.
Europa hat bei der Einfuhr von Rüstungsgütern wie Kampfflugzeuge, Panzer und U-Boote im Zeitraum von 2019 bis 2023 um etwa 94 Prozent im Vergleich zu 2014 bis 2018 zugelegt. Größter Importeur war dabei die Ukraine – mit 23 Prozent der gesamten Waffeneinfuhren der Region. Deutschland gehörte noch immer zu den Top fünf Exportländern weltweit.
Es sei davon auszugehen, »dass die europäischen Länder weiterhin neue Aufträge erteilen und die beträchtlichen Mengen an Waffen geliefert bekommen werden, die sie bereits in den vergangenen Jahren bestellt haben«, sagte Sipri-Forscher Pieter Wezeman der Deutschen Presse-Agentur. »Es ist also zu erwarten, dass das Niveau der Lieferungen und der Waffenimporte durch die europäischen Länder auch in den kommenden Jahren weiter steigen wird.«
Weiter gehört Deutschland zu den »Big Five« der Waffenindustrie. In dem Fünfjahreszeitraum sanken die deutschen Rüstungsexporte um 14 Prozent im Vergleich zu 2014 bis 2018. Der Anteil der deutschen Waffenexporte machte 5,6 Prozent des weltweiten Gesamtvolumens aus. Für Israel gehörte Deutschland mit 30 Prozent der Waffenimporte des Landes hinter den USA (69 Prozent) zu den größten Lieferanten. Auch für die Ukraine zählt Deutschland zu den zwei größten Waffenlieferanten.
»Es ist bemerkenswert zu sehen, dass insbesondere im letzten Jahr die deutschen Waffenexporte einen jährlichen Höchststand erreicht haben, der deutlich über dem der Vorjahre liegt«, sagte Forscher Wezeman. Das könne darauf hindeuten, dass die deutschen Waffenexporte auch in den kommenden Jahren weiter steigen werden.
Dietmar Bartsch, Obmann für Die Linke im Verteidigungsausschuss, kritisiert die Waffengeschäfte: »Die Kriege dieser Welt nutzen zuerst der Rüstungsindustrie. Rüstungskonzerne machen Bombengeschäfte. Die Ampel pfeift vielfach auf Werte in der Außenpolitik, liefert z.B. weiter Eurofighter an Saudi-Arabien. Wo ist das im Koalitionsvertrag versprochene Rüstungskontrollgesetz? Fehlanzeige!« Mit Agenturen
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