Gaza-Krieg: Verteilungszentrum für Hilfsgüter in Rafah getroffen

EU aktiviert Katastrophenschutzverfahren, Deutschland schickt die Luftwaffe zur Versorgung der Bevölkerung im Gazastreifen

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 5 Min.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell findet deutliche Worte für die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen. Er kritisierte die Blockade von Hilfslieferungen vor dem Weltsicherheitsrat. »Hunger wird als Kriegswaffe eingesetzt«, sagte Borrell am Dienstag vor dem mächtigsten UN-Gremium in New York. Ohne Israel beim Namen zu nennen, sagte der 76-Jährige, bei der Krise handle es sich nicht um eine Naturkatastrophe oder ein Erdbeben, sondern sie sei menschengemacht. Hilfe über das Meer oder aus der Luft sei nur eine Alternative zu den natürlichen Routen über Land – doch diese seien »künstlich verschlossen«.

Die israelische Regierung sieht die Lage naturgemäß anders. Vorhaltungen, dass sie Hilfslieferungen aufhalte, weist sie zurück: Seit Kriegsbeginn seien mehr als 16 000 Lastwagen in den Gazastreifen gefahren und nur 1,5 Prozent nicht zugelassen worden, schrieb die für Kontakte mit den Palästinensern und humanitäre Hilfe zuständige israelische Cogat-Behörde am Dienstag auf der Plattform X (vormals Twitter). Der israelischen Regierung zufolge kommen derzeit mehr Hilfsgüter in den Küstenstreifen als vor Kriegsbeginn.

Der Teufel steckt jedoch im Detail, denn, wie ein UN-Sprecher sagte, reiche es nicht, einfach nur die Lastwagen zu zählen, die Grenzposten überquerten. Das Problem sei die Verteilung der Güter innerhalb des Gazastreifens. Laut UN-Nothilfebüro Ocha erreichten etwa im Februar nur die Hälfte aller geplanten Hilfskonvois die Gebiete, für die sie bestimmt waren. Bei den übrigen Lieferungen habe die Unterstützung durch das israelische Militär gefehlt.

Die EU aktiviert unterdessen ihr Katastrophenschutzverfahren, um die Unterstützung für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu verstärken: »Ich rufe alle Mitgliedstaaten auf, mit ihren Mitteln einen Beitrag zu leisten, um kontinuierliche und sinnvolle Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu ermöglichen«, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Rede vor dem Europaparlament. Sie begrüßte zudem den Start des Schiffs der Hilfsorganisation »Open Arms«, das von Zypern aus Nahrungsmittel direkt in den Gazastreifen bringen soll. »Es ist das erste Mal seit 2005, dass ein Schiff Hilfsgüter in den Gazastreifen liefern darf. Dies ist ein zusätzlicher Rettungsanker für die Menschen im Gazastreifen«, sagte von der Leyen. Sobald der geplante maritime Korridor voll funktionsfähig sei, könnte er einen geregelten und stabilen Fluss an Hilfsgütern in den Gazastreifen gewährleisten.

Dem widerspricht jedoch der Sprecher des UN-Nothilfebüros (OCHA), Jens Laerke. Demnach könnten Seetransporte von Hilfsgütern nicht den Mangel an dringend benötigten Lkw-Lieferungen wettmachen. Laerke begrüßte zwar ausdrücklich die Hilfsaktion der Organisation »Open Arms«, »wir brauchen aber Zugang auf dem Landweg, sowie die sichere und regelmäßige Verteilung im Gazastreifen«, fügte er hinzu. »Wir betonen wieder und wieder, dass dies kein Ersatz für den Landtransport von Nahrungsmitteln und anderen lebenswichtigen Hilfsgütern ist.«

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Dennoch hält man an der Lieferung über See fest. Für den von den USA geplanten Bau eines provisorischen Hafens sind am Dienstag vier Schiffe der US-Armee vom US-Bundesstaat Virginia in Richtung Mittelmeer aufgebrochen. In rund 30 Tagen sollen sie den Gazastreifen erreichen. Die neue Anlage werde aus einer Offshore-Plattform für den Umschlag von Hilfsgütern von größeren auf kleinere Schiffe sowie einer Anlegestelle für den Transport an Land bestehen, sagte Brad Hinson, Brigadegeneral der US-Armee. Der Hafen werde »in 60 Tagen« betriebsbereit sein, versicherte er. »Sobald wir voll einsatzfähig sind, werden wir in der Lage sein, jeden Tag bis zu zwei Millionen Mahlzeiten oder zwei Millionen Flaschen Wasser an Land zu bringen.«

Angesprochen durch den Appell der EU-Kommissionspräsidentin reagiert nun auch die Bundesregierung. Verteidigungsminister Bernd Pistorius (SPD) wies die Luftwaffe an, sich noch in dieser Woche mit Transportflugzeugen am Abwurf dringend benötigter Hilfsgüter in den Gazastreifen zu beteiligen. »Den Menschen in Gaza fehlt es am Nötigsten. Wir möchten unseren Teil dazu beitragen, dass sie Zugang zu Nahrung und Medikamenten bekommen«, sagte er. Dafür stellt die Bundeswehr zwei Transportflugzeuge bereit, die jeweils bis zu 18 Tonnen Last transportieren könnten.

Dienstagabend erreichte ein Konvoi aus sechs Lastwagen mit Hilfsgütern des Welternährungsprogramms (WFP) über eine neue Straße des israelischen Militärs den Norden des Gazastreifens – auf Anweisung der Regierung in Jerusalem, wie die Armee am Dienstagabend auf Telegram bestätigte. Es habe sich um ein Pilotprojekt gehandelt, um zu verhindern, dass die Hilfsgüter in die Hände der islamistischen Hamas fallen, teilte das Militär mit. Die Ergebnisse würden nun der Regierung vorgelegt.

Am Mittwoch teilte das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA mit, dass eins ihrer Lagerhäuser im Gazastreifen bei einem Angriff getroffen worden sei. Bei dem Treffer auf das Lagerhaus und Verteilzentrum für Hilfsgüter in Rafah seien »zahlreiche« Menschen verletzt worden, sagte UNRWA-Sprecherin Juliette Touma der Nachrichtenagentur AFP. Genauere Informationen lägen noch nicht vor. Mit Agenturen

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