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Prozess gegen Neonazi: Attacken auf den Chefermittler

Zweites Verfahren um rassistischen Brandanschlag in Saarlouis 1991: Verteiger des Angeklagten hält einen Polizisten für linkslastig

  • Joachim F. Tornau, Koblenz
  • Lesedauer: 4 Min.

Dass Staatsschutzbeamten der Polizei vorgeworfen wird, politisch voreingenommen zu sein, ist schon das eine oder andere Mal vorgekommen. Dass ihnen unterstellt wird, zu weit links zu stehen, dürfte eher selten sein. Im Prozess gegen den langjährigen Neonazi-Führer Peter St., der sich wegen des Vorwurfs der Beihilfe zum rassistischen Mord an Samuel Yeboah vor dem Oberlandesgericht in Koblenz verantworten muss, war es am Freitag zu erleben.

Verteidiger Wolfgang Stahl, der sich vor allem als Anwalt der NSU-Terroristin Beate Zschäpe einen Namen gemacht hat, hatte nämlich höchst Verdächtiges entdeckt: Der Polizist, der die späten Ermittlungen um den tödlichen Brandanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Saarlouis vor mehr als 30 Jahren maßgeblich geführt hatte, trägt nicht nur Glatze, Bart und seine Polizeimarke um den Hals, sondern auch ein Piercing und Nagellack. Ob er damit vielleicht eine politische Haltung transportieren wolle? Und so gegen seine Dienstpflicht verstoße?

»Sie sehen mich sehr überrascht«, kommentierte der Senatsvorsitzende Konrad Leitges diese Einlassungen. Aber Stahl bestand sogar auf einem Gerichtsbeschluss. Und so ist nun schwarz auf weiß festgehalten: »Das äußere Erscheinungsbild ergibt keinen Anlass, die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Zweifel zu ziehen.« Nebenklageanwältin Kristin Pietrzyk hatte zuvor schon süffisant darauf hingewiesen, dass sie sogar schon Staatsanwältinnen mit lackierten Fingernägeln gesehen habe.

Aber irgendwie passte die Wiederbelebung von längst für überkommen gehaltenen Klischees zu einem Prozess, in dem es gedanklich auch sonst weit in die Vergangenheit geht. Aufgeklärt werden muss, was geschah, bevor am frühen Morgen des 19. September 1991 das ehemalige Gasthaus »Weißes Ross« im Saarlouiser Ortsteil Fraulautern in Flammen aufging und der 27 Jahre alte Samuel Yeboah aus Ghana einen qualvollen Feuertod starb.

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Wegen dieses Brandanschlags ist der frühere Neonazi-Skinhead Peter Werner S. im vergangenen Oktober als Mörder verurteilt worden. Jetzt geht es um die Frage, ob ihn Peter St., sein Freund und bewunderter Kameradschaftschef, bei einem Besäufnis am Abend zuvor zur Tat inspiriert hat.

Laut Anklage der Bundesanwaltschaft soll der heute 54-Jährige, als die Neonazis in ihrer Kneipe über die Pogrome von Hoyerswerda und die Welle rassistischer Gewalt im wiedervereinigten Deutschland sprachen, verkündet haben: »Hier müsste auch mal sowas brennen oder passieren.« Was Peter Werner S. dann noch in derselben Nacht in die Tat umgesetzt habe.

Der Mann, der diesen Satz überliefert hat, machte vor Gericht allerdings einen Rückzieher: Er könne sich nicht daran erinnern, das Wort »brennen« gehört zu haben, sagte Heiko S. Anfang März. Auf Antrag der Verteidigung hob das Gericht daraufhin den Haftbefehl gegen Peter St. auf: Es bestehe kein dringender Tatverdacht mehr.

Am Freitag betrat der Angeklagte den Gerichtssaal deshalb erstmals als freier Mann. Entspannt aber wirkte er nicht. Und auch seine Verteidiger, das zeigten die persönlichen Angriffe auf den leitenden Ermittler mehr als deutlich, scheinen den Freispruch noch nicht für eine sichere Sache zu halten. Die Beweisaufnahme jedenfalls wird unverändert fortgesetzt. Und was der Staatsschützer mit dem unorthodoxen Erscheinungsbild zu berichten hatte, konnte dem Angeklagten nicht gefallen.

Mehrfach hatte der Beamte Heiko S. vernommen. Der Hauptbelastungszeuge war einst selbst umtriebiger Neonazi, ging aber schon 1994 auf Abstand zur rechten Szene und wurde deshalb von seinen Ex-Kamerad*innen heftig angefeindet. Peter Werner S. hat in seinem Prozess sogar versucht, ihn zum Haupttäter des Yeboah-Mordes zu erklären, allerdings vergeblich.

In seinen Vernehmungen, sagte der Beamte, habe sich Heiko S. auch jenseits der Wortlautfrage von »brennen« versus »passieren« zu Brandanschlägen geäußert. Ob es stimme, dass Peter St. öfter für solche Taten geworben habe, wie es ein anderer Zeuge behauptet hatte? »An dem Abend: ja«, habe Heiko S. geantwortet. Und wie komme es, dass er sich ausgerechnet an den fraglichen Satz erinnern könne, aber sonst an kaum etwas? Weil am nächsten Tag die Geflüchtetenunterkunft gebrannt habe, lautete die Antwort von Heiko S. Viel direkter lässt sich ein Zusammenhang kaum herstellen.

Eigentlich hätte an diesem fünften Verhandlungstag auch Peter Werner S., der wegen Mordes Verurteilte, in den Zeugenstand treten sollen. Doch er ließ mitteilen, dass er von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen wolle, und musste nicht kommen. Denn das Urteil gegen ihn ist noch nicht rechtskräftig. Sollte sich das rechtzeitig vor dem Ende des Prozesses gegen seinen Freund Peter St. noch ändern, muss der 52-Jährige Ex-Neonazi vielleicht doch noch einmal in den Koblenzer Gerichtssaal zurückkehren.

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