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Thüringens Linke macht sich Mut
Regierungschef Ramelow will mit seiner Partei bei Landtagswahl über 30 Prozent erkämpfen
Eine kämpferische Rede von Ministerpräsident Bodo Ramelow bildete am Sonntag den Höhepunkt des Landesparteitags der Thüringer Linken in Ilmenau. Die Partei hält an ihrem Ziel fest, auch nach der Landtagswahl am 1. September weiter mit Grünen und SPD regieren zu können und zumindest in die Nähe ihres Wahlergebnisses von 2019 zu kommen. Damals war sie mit Regierungschef Ramelow an der Spitze mit 31 Prozent der Stimmen mit Abstand stärkste Kraft geworden. Zweitstärkste Partei war die AfD mit 23,4 Prozent.
Derzeit kommt Die Linke in Umfragen auf 15 bis 17 Prozent. Die extrem rechte AfD liegt mit Werten zwischen 31 und 36 Prozent weit vor allen anderen Parteien im Freistaat. »Wir starten nicht in der besten Startposition. Aber das macht mir keine Angst«, sagte Ramelow. Die Linke traue sich zu, am 1. September die Wahl zu gewinnen. »Wir kämpfen dabei nicht gegen andere Parteien, wir kämpfen gegen Faschismus«, betonte der Ministerpräsident. »Mein Ziel ist es, die AfD unter 30 (Prozent) und uns über 30 zu bringen.« Es gehe um ein weltoffenes und demokratisches Thüringen. Dabei stehe Die Linke »für die soziale Verantwortung in diesem Land«.
Nur einen Tag vor Beginn des Parteitags hatte etwas Gestalt angenommen, von dem man erwarten durfte, dass es so etwas wie ein Elefant sein würde, der bei dem zweitägigen Delegiertentreffen immer mit im Raum sein würde. In Eisenach hatte sich am Freitag der Thüringer Landesverband des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) konstituiert und die Ex-Linke Katja Wolf zu dessen Ko-Vorsitzender gewählt. Auch die Ex-Linken Tilo Kummer, ehemaliger Bürgermeister der Südthüringer Kleinstadt Hildburghausen, und die einstige Bundestagsabgeordnete Sigrid Hupach gehören dem neuen BSW-Landesvorstand an. Die Personalien zeigen, dass das BSW auch auf Landesebene in wesentlichen Teilen eine Abspaltung der Linken ist.
Doch in Ilmenau erwähnt kaum ein Redner die neue Konkurrenz. Die Linke-Landesvorsitzende Ulrike Grosse-Röthig erklärt am Rande des Parteitages auf Nachfrage lediglich: »Das war ein Trennungsschmerz, der sich jetzt aber in eine Akzeptanz umgewandelt hat.« Für ihre Partei sei das BSW inzwischen eine »eine normale Mitbewerberin im politischen Prozess«. Andere Delegierte äußerten sich gegenüber »nd« ähnlich.
Der Thüringer Linke-Ko-Vorsitzende Christian Schaft versucht einen anderen Ansatz, um zu begründen, warum auf diesem Parteitag kaum ein Wort zum BSW fällt, obwohl diese Partei das Potenzial hat, der Linken nicht nur einzelne Wähler abspenstig zu machen. »Ich kann mich nur an einer Partei abarbeiten, die ein Programm und eine Idee für Thüringen hat«, sagt Schaft. Weder das eine noch das andere könne er bei BSW bislang erkennen. Das hatte die Thüringer BSW-Spitze selbst eingeräumt. Welchen politischen Kurs die neue Partei einschlagen will, mit welchen Themen sie im nahenden Landtagswahlkampf für sich werben will, wodurch genau sie sich von anderen Parteien unterscheidet, ist noch immer unklar.
Haupttagesordnungspunkt des Parteitags war vordergründig die Verabschiedung des Wahlprogramms der Thüringer Linken, genannt Regierungsprogramm. Hintergründig ging es vor allem darum, einander Mut zuzusprechen. Schließlich zeigen die Umfragen, dass Rot-Rot-Grün bei der Wahl am 1. September kaum eine realistische Chance hat, wieder eine eigene Mehrheit im Thüringer Landtag zu erreichen. Denn derzeit kommen alle drei Parteien zusammen nichtmal auf 30 Prozent der Stimmen.
Es klingt deshalb auch ein bisschen trotzig, wenn nicht nur die Landesvorsitzenden wiederholt betonen, Umfrageergebnisse seien keine Wahlergebnisse. »Wir dürfen uns davon nicht entmutigen lassen«, sagt Schaft. Es liege an der Linken selbst, dafür zu sorgen, dass aus den Umfrageergebnissen keine Wahlergebnisse würden.
Es ist auf diesem Parteitag insbesondere Grosse-Röthig, die ein ums andere Mal beteuert, Die Linke glaube fest daran, die Landtagswahl gewinnen zu können. Also auch wieder den Regierungschef zu stellen, der – mit einer kurzen Unterbrechung – seit 2014 Bodo Ramelow heißt. Im Kalender der Linken stehe für den 1. September das Wort »Wahlsieg«, sagt Grosse-Röthig. Naiv oder realitätsvergessen sei das keinesfalls, sagt sie später am Rande der Konferenz.
Für Die Linke wäre es indessen schon ein beachtlicher Erfolg, die zweitmeisten Stimmen zu erreichen und gleichzeitig zu verhindern, dass die AfD eine Ein-Drittel-Sperrminorität im Thüringer Landtag bekommt. Diese vergleichsweise Warnung spricht nur die Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss aus. Wie Ramelow und viele andere auf der Konferenz ruft sie mit klaren Worten zum Kampf gegen Rechts auf und erklärt ihn zu einem Kernanliegen der Linken in den kommenden Monaten. »Wir weichen nicht vor Faschisten zurück«, sagt König-Preuss unter starkem Applaus.
Inhaltlich beschließen die Thüringer Linken auf dem Parteitag ihr Programm zur Landtagswahl, dessen Entwurf die Vorsitzenden bereits im Januar der Öffentlichkeit präsentiert hatten. Das »Regierungsprogramm« enthält die Forderung nach mehr Staat in vielen Lebensbereichen, damit diejenigen, die sich nicht auf das Funktionieren des Marktes verlassen können, nicht durch die sozialen Sicherungsnetze fallen. So will Die Linke eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft gründen, die Immobilien bauen und betreiben soll, damit auch Menschen mit geringen Einkommen sowohl in der Stadt als auch auf dem Land günstig und barrierefrei wohnen können. Sie soll in einem ersten Schritt 1500 Wohnungen bauen oder sanieren und mit Sozialbindung anbieten. Weitere Vorhaben im Programm sind ein drittes beitragsfreies Kita-Jahr in Thüringen und ein landesweites 28-Euro-Ticket für junge Leute.
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