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Aufregung ums DFB-Trikot: König Standortpatriotismus
Der Bundeskanzler sollte ein Zeichen setzen und in Adidas-Hose auftreten, findet Andreas Koristka
Es war eine große Liebesgeschichte: Seit Adi Dassler 1954 der mit Pervitin vollgepumpten deutschen Fußballnationalmannschaft in Bern die Stollen unter die Sohlen geschraubt hatte, waren er und seine Firma vom Team des Deutschen Fußball-Bunds nicht mehr wegzudenken. Millionen Deutsche wuchsen in der Gewissheit auf, dass der Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach und der DFB gute Freunde waren, die niemand trennen konnte.
Nun gab der DFB bekannt, dass er die Zusammenarbeit mit Adidas beenden wird. Die Nike Inc aus den USA wird stattdessen alle Nationalmannschaften des Verbandes ausrüsten. Für Fußballtraditionalisten und -romantiker ist das natürlich ein großer Schock. Denn die deutsche Nationalmannschaft könnte dazu gezwungen sein, ihren WM-Titel 2030 in Yankee-Trikots zu feiern.
Der Gesundheitsminister und Heimatschützer Karl Lauterbach stellte fest, dass »Kommerz eine Tradition und ein Stück Heimat vernichtet« habe. Auch Robert Habeck konnte seine Enttäuschung nicht verbergen, als er den Deal kommentierte: »Ich kann mir das deutsche Trikot ohne die drei Streifen kaum vorstellen. Adidas und Schwarz-Rot-Gold gehörten für mich immer zusammen. Ein Stück deutscher Identität. Da hätte ich mir ein Stück mehr Standortpatriotismus gewünscht.«
Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeitschrift »Eulenspiegel«. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter dasnd.de/koristka.
Mit diesem Stück Kritik haben beide Minister ein Stück weit recht. Wo kommen wir hin, wenn es in der Marktwirtschaft nur noch um den schnöden Mammon geht und nicht mehr um hehre Ideale wie Standortpatriotismus? Wie wollen wir nach der finanziellen Entscheidung des DFB den Kindern in den Fußballvereinen erklären, dass es bei ihrem Sport nicht nur um das Geld geht, sondern um Fairness, Teamgeist und den Wirtschaftsstandort Deutschland?
Wenn wir wollen, dass die deutschen Firmen uns weiterhin lieben, müssen wir den Kindern beibringen, die Liebe großer Konzerne zu erwidern. Das ist unabdingbar für unsere Volkswirtschaft. Tun wir es nicht, dann verlagern die Unternehmen ihre Produktion dorthin, wo ihnen die Fußballverbände mehr Achtung entgegenbringen. Auch der DFB ist da in einer gesellschaftlichen Verantwortung.
Aber wie kann die Politik den schwindenden Standortpatriotismus bremsen? Ein schönes Zeichen wäre es, wenn die Bundesregierung Adidas zu ihrem exklusiven Ausrüster erklären würde. (Die FDP kann ja Puma nehmen, um ihre Nonkonformität zu illustrieren.) Wenn sich Olaf Scholz bei der nächsten Haushaltsdebatte in einer Adidas-Knopfhose präsentierte und Annalena Baerbock in Adiletten betont lässig mit deutschen Klischees spielte, wäre schon einiges erreicht.
Den Schaden der DFB-Entscheidung könnte man damit aber nicht völlig kompensieren. Denn selbst Adidas kann die Ampel-Koalition nicht zum Weltmeister machen. Der einzige Trost an der Geschichte ist, dass sich wenigstens für die Arbeiter in den kambodschanischen Textilfabriken nichts ändern dürfte. Denen wird es egal sein, welches Firmenlogo sie auf deutsche Nationaltrikots nähen.
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