Slowenien: Levica will europapolitisch mitmischen

Rechtsaußenpartei macht Druck auf Sloweniens linksliberale Regierung. Sozialisten setzen im Wahlkampf auf die soziale Frage und auf Friedenspolitik

  • Roland Zschächner
  • Lesedauer: 4 Min.
Die EU-Wahl ist auch eine Abstimmung über Sloweniens Ministerpräsident Robert Golob.
Die EU-Wahl ist auch eine Abstimmung über Sloweniens Ministerpräsident Robert Golob.

Für die liberale Freiheitsbewegung sieht es nicht gut aus: Laut einer Anfang April veröffentlichten Umfrage sind nur knapp 16 Prozent der Befragten mit der Arbeit der seit Mai 2022 amtierenden Regierung von Robert Golob zufrieden. Davon profitiert vor allem die rechtsnationale Slowenische Demokratische Partei (SDS) unter dem ehemaligen Premierminister Janez Janša.

Janša gehört zu den Urgesteinen der slowenischen Politik. Das sozialistische Jugoslawien hatte ihn wegen reaktionärer Äußerungen inhaftiert, was seinen Aufstieg zur Symbolfigur der Opposition beförderte. Seit der staatlichen Eigenständigkeit 1991 war er mit seiner SDS dreimal an der Regierung, was er auch zu seinem finanziellen Vorteil zu nutzen wusste. Das änderte nichts an seiner stabilen Wählerbasis von rund einem Drittel der Bürger. Sie folgen ihm und seiner Hetze gegen Geflüchtete, seiner Nähe zur Ukraine, dem Ausverkauf der slowenischen Wirtschaft sowie der Umschreibung der Geschichte – kurzum seiner stramm rechten Politik.

Alte Regierung will zurück an die Macht

Ihre Abwahl 2022 wollen Janša und seine SDS nicht auf sich sitzen lassen. Kontinuierlich läuft in den von ihnen kontrollierten Medien der Strom der gegen Golob und dessen Regierung gerichteten Nachrichten. Im März wurde zum Protest nach Ljubljana mobilisiert, um Neuwahlen zu fordern; Tausende folgten, doch Massen waren es nicht. Die EU-Wahlen seien nun »ein ernst zu nehmender Gradmesser«, sagt Nataša Sukič gegenüber »nd«. Sukič ist Autorin und Mitglied der linkssozialistischen Partei Levica (Linke), die an der Golob-Regierung mit zwei Ministern beteiligt ist. Die Opposition könne mit einem guten Wahlergebnis rechnen, befürchtet die Abgeordnete. »Sollten die Rechten die Wahlen gewinnen, ist zu erwarten, dass sie die Regierung, deren Beliebtheit sinkt, noch stärker unter Druck setzen.«

Europawahl 2024

Im Juni wird in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union über ein neues EU-Parlament abgestimmt. Dabei zeichnet sich ab, dass rechte Parteien an Einfluss gewinnen könnten. Was ist eine linke Antwort darauf? Und wie steht es um die Klimapolitik der EU? Welche Entwicklungen gibt es in Hinblick auf Sozialpolitik und was ist im Bereich der europäischen Asyl- und Migrationpolitik zu erwarten? Die anstehende Europawahl wird richtungsweisend. Auf unserer Themenseite fassen wir die Entwicklungen zusammen: dasnd.de/europawahl

Zu den Problemen, mit denen die ehemalige jugoslawische Republik konfrontiert ist, gehört wie in den anderen EU-Staaten die hohe Inflation. In den vergangenen Monaten war die Regierung mit einer Streikbewegung konfrontiert. Angestellte des öffentlichen Dienstes und der Justiz traten ebenso in den Ausstand wie Ärzte. Nicht wenige Slowenien befürchten, ihr Land könnte in eine ernste wirtschaftliche Krise gleiten. Zugleich setzen auch hier rechte Kräfte, allen voran die SDS, auf rassistische Hetze. Slowenien liegt auf der sogenannten Balkanroute; gegen ein geplantes Migrationszentrum an der Grenze zu Kroatien protestiert die dortige Bevölkerung. Und Janša wird nicht müde, davon zu fantasieren, dass die Regierung die Bevölkerung »austauschen« wolle.

Klimawandel setzt Slowenien zu

Auch ein anderes globales Phänomen betrifft das Land mit seinen 2,1 Millionen Einwohnern. Slowenien ist infolge des Klimawandels extremen Wetterereignissen ausgesetzt. Im vergangenen August sorgte Starkregen für Überschwemmungen, große Teile des Landes standen unter Wasser, Orte mussten evakuiert werden. Es war die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte des Adriastaats.

Die Partei Levica setzt in ihrem EU-Wahlkampf auf »Frieden, Solidarität und eine nachhaltige ökologische Transformation«, so Sukič, die für Levica ins Straßburger Parlament einziehen will. Noch ist die Partei, die Mitglied der Europäischen Linken (EL) ist, dort nicht vertreten. »Die EU steht vor großen Herausforderungen«, so die Politikerin, »doch scheint sie nicht in der Lage zu sein, glaubwürdige Antworten zu geben.« Das betreffe etwa die Klimarisiken sowie die Energie- und Ernährungssicherheit. Sukič verweist zudem auf schwindende Arbeits- und Sozialrechte. »Die Europäer verlieren die Geduld, da immer weniger Menschen in den Genuss der Früchte des wirtschaftlichen Wachstums und des technologischen Fortschritts kommen.« Das biete »ein günstiges Umfeld für den Aufstieg von Rechtspopulismus und Demagogie«.

Linke setzt sich für den Frieden ein

Besonders hervor hebt Sukič die Friedensfrage: »Vor der Haustür der EU finden Kriege statt, die ein Wettrüsten anheizen.« Die EU sei nach wie vor den Interessen der USA untergeordnet. »Die Länder geben immer mehr für Rüstung aus, während die Sozialstandards sinken und die Lebenshaltungskosten steigen«, kritisiert die Politikerin. Das Geld, das in die Nato und in Waffen fließe, »sollte in den Wohnungsbau, in Entwicklung und Innovation, in eine gerechte grüne Transformation und in einen Sozialstaat, der allen hilft, umgeleitet werden«, fordert Sukič. Slowenien gehört seit 20 Jahren der Nato an, so lange ist es auch schon Mitglied der EU. 2007 folgte die Einführung des Euros.

Europa to go

Ein Podcast, der dich anlässlich der Europawahl 2024 ins »Herz« der EU mitnimmt. Begleite uns nach Brüssel und erfahre mehr über Institutionen wie das Europäische Parlament, was dort entschieden wird und warum dich das etwas angeht. Der Podcast ist eine Kooperation von »nd«, Europa.Blog und die-zukunft.eu. Alle Folgen auf dasnd.de/europa

Zwar ist Levica die einzige sozialistische Partei im slowenischen Parlament, das schließt eine Zusammenarbeit mit anderen Parteien wie der grünen Vesna oder der Piratenpartei nicht aus, so Sukič. Als Verbündete betrachtet Levica aber vor allem soziale Bewegungen. Nicht wenige ihrer Mitglieder kommen aus diesen. Als aktuelles Beispiel nennt Sukič den Einsatz für die Rechte der Palästinenser. Das Thema wirkt sich auch auf die slowenische Politik aus. Während Janša nach Israel reist, um seine Unterstützung für den Krieg im Gazastreifen zu bekräftigen, kündigt die Regierung in Ljubljana an, für die Aufnahme Palästinas als Vollmitglied der Vereinten Nationen stimmen zu wollen.

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