An der Bezahlkarte verdient nur Mastercard

Linksfraktionschef Sebastian Walter bezeichnet geringe Bargeldausstattung für Geflüchtete als »rassistische Politik«

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Fünf Monate vor der Landtagswahl am 22. September spaltet die Debatte über eine Bezahlkarte für Asylbewerber in Brandenburg sowohl die Koalition als auch die Opposition. Im Sommer soll die Karte ausgegeben werden. Von 460 Euro, die einem Geflüchteten vom Staat zur Verfügung gestellt werden, soll er nur noch 50 Euro in bar erhalten.

Einzig die Linksfraktion lehnt die Einführung einer solchen Karte kategorisch ab. Wie der Fraktionsvorsitzende Sebastian Walter am Dienstag sagte, werde dadurch kein Problem gelöst, schon gar nicht das Problem der ungenügenden Integration. Der einzige Zweck sei das »Drücken nach unten«. Darum müsse das Vorhaben mit dem »grundsätzlichen Widerstand« der Linken rechnen.

Vorgesehen ist, dass Asylbewerber ihre Einkäufe mit einer Chipkarte bezahlen müssen und lediglich 50 Euro Bargeld erhalten. Für Kinder sollen es sogar nur zehn Euro Bargeld im Monat sein. Walter erklärte dazu: »Ich bin selbst Vater und wofür sollen diese zehn Euro reichen?« Die Finanzierung eines Kita-Ausflugs sei da ebenso wenig möglich wie der Besuch eines Schwimmbads. »Das schließt vom gesellschaftlichen Leben aus.« An dieser »rassistischen Politik« verdiene am Ende nur das Unternehmen Mastercard, wenn es beauftragt wird, die Bezahlkarten zur Verfügung zu stellen, sagte Walter. »Alle anderen werden verlieren.«

Walters Hoffnungen ruhen auf den Grünen, deren Sozialministerin Ursula Nonnemacher Widerstand gegen die 50-Euro-Grenze ankündigte. Ihr Ressort hatte 184 Euro Bargeld im Monat empfohlen. Zum Streit der Koalitionspartner SPD, CDU und Grüne über die Bezahlkarte sagte Linksfraktionschef Walter: »Die Trennungsphase dauert seit mehreren Monaten an. Die Scheidung scheint unausweichlich.«

Der Landtagsabgeordnete Péter Vida (Freie Wähler) sagte, die Linksfraktion solle nicht so tun, als sei die Bezahlkarte »das Schlimmste, was es gibt«. Die zugestandene Bargeldsumme sollte zwischen einem Viertel und einem Drittel der Gesamtsumme liegen, erklärte Vida. Mit der Bezahlkarte entspreche man einerseits den Erwartungen in der Bevölkerung und nehme andererseits »Extremisten den Wind aus den Segeln«.

Natürlich benötige ein Mensch für den persönlichen Gebrauch etwa 180 Euro, doch mit der Bezahlkarte könne er ja auch einen Großteil davon bezahlen, verteidigte CDU-Fraktionschef Jan Redmann das Vorhaben. Die Karte sichere ab, dass Asylbewerber das ihnen zustehende Geld nicht ins Ausland überweisen können. Anzustreben sei ein etwa gleiches Versorgungsniveau in ganz Europa, damit Flüchtlinge nicht nach Deutschland weiterziehen, wenn sie schon in anderen Staaten sicher sind. Die Einführung der Bezahlkarte sei »jetzt Aufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte«, meinte Redmann, der Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl ist. Denn ihnen obliege es, Asylbewerber unterzubringen und auszustatten. Alle bis auf das kreisfreie Potsdam hätten sich positiv geäußert. Mit der Einführung der Bezahlkarte sei im Sommer zu rechnen. Ukrainische Geflüchtete sind von der geplanten Einschränkung nicht betroffen.

SPD-Fraktionschef Daniel Keller erinnerte daran, dass auch Hamburg und Bayern nur 50 Euro bar auszahlen wollen. Für Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke ist diese Summe jedoch »viel zu gering, rechtlich unsicher und diskriminierend«. An vielen Stellen könne auf dem flachen Land nur bar bezahlt werden.

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