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Entwaldung statt Aufforstung in Paraguay
In Paraguay führte ein von der bundeseigenen Entwicklungsgesellschaft DEG finanziertes Projekt zum Verlust von 7000 Hektar Wald
Deutschlands Klima, erklärte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einem Besuch in Brasilien im Januar 2023, werde »auch am Amazonas gerettet«. Die Ähnlichkeit zu einem Ausspruch des früheren Bundesverteidigungsministers Peter Struck (SPD) – »Deutschlands Freiheit wird auch am Hindukusch verteidigt« – war vermutlich nicht ganz ungewollt. Obwohl von Steinmeier sicherlich nicht beabsichtigt, offenbart sein Bonmot doch eine gewisse koloniale Attitüde.
Dass deutsche Entwicklungspolitik ganz offen so gestaltet wird, dass sie vor allem deutschen Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen dient, ist keine Neuigkeit und lässt sich weltweit belegen. Gleichwohl lässt sich das Agieren Deutschlands in Brasilien vergleichsweise gut als Dienst am weltweiten Klimaschutz deklarieren. Dort unterstützt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) nach eigenen Angaben seit den 1990er Jahren in der Amazonasregion Projekte unter dem Motto »Entwaldung stoppen, Einkommen der ländlichen Bevölkerung sichern«. Allerdings schrumpfte die Amazonas-Regenwaldfläche allein in der Amtszeit des rechten Präsidenten Jair Bolsonaro (2019 bis 2022) trotzdem weiter um unfassbare 45 600 Quadratkilometer.
Anderswo in Lateinamerika tragen von Deutschland geförderte Investitionen sogar aktiv zur Entwaldung bei. Das berichtete die Journalistin Gesa Steeger vom Recherchenetzwerk Correctiv am Mittwochabend auf einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Steeger hat 2023 zusammen mit der Medienplattform El Surtidor von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft DEG finanzierte Projekte in Paraguay unter die Lupe genommen.
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Demnach förderte die DEG seit 2013 Investitionen der Paraguay Agricultural Corporation S.A. (Payco), eines der größten Agrarkonzerne des Landes. Seither war das Unternehmen für die Abholzung von mindestens 7000 Hektar Wald in der Chaco-Region verantwortlich. Der Chaco ist ein riesiges Gebiet mit Trockenwäldern und Dornbuschsavannen, der sich von Bolivien im Norden über den Westen Paraguays bis in den Norden Argentiniens erstreckt.
Damit, so Steeger, habe die DEG der Zerstörung der Biodiversität vor Ort und Monokulturen Vorschub geleistet, und zwar mit Wissen der Bundesregierung. Dabei soll laut BMZ Geld nur in Projekte fließen, die »entwicklungspolitisch sinnvoll sowie umwelt- und sozialverträglich sind«.
Die Firma Payco verfügt über 35 000 Rinder und besitzt rund 130 000 Hektar Agrarland im ganzen Land. Die DEG investierte laut der Recherche bei Payco seit 2013 insgesamt knapp 40 Millionen Euro. Nach dem Vertragsabschluss erklärte die DEG: »Mit unserem Engagement stärken wir ein professionell und verantwortungsbewusst agierendes Agrarunternehmen.«
Auf Correctiv-Anfrage teilte die DEG mit, ihre Beteiligung an Payco habe dazu gedient, »Bewässerungsanlagen zu erweitern, erstmals Reis anzubauen und eine nachhaltige Holzproduktion aufzubauen«. So werde dazu beigetragen, Importe zu reduzieren und die lokale Nahrungsmittelversorgung zu verbessern. Der Konzern aber rodete Wälder, um Platz für Viehweiden und Eukalyptusplantagen zu schaffen. Steeger und ihr Ko-Autor Maximiliano Manzoni weisen zudem darauf hin, dass die Dunkelziffer der durch die Tätigkeit von Payco verschwundenen Waldflächen hoch ist. Die Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland gehe in einer aktuellen Studie davon aus, dass auf weiteren als den bisher bekannten Farmen des Unternehmens Rodungen stattgefunden haben.
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