Wenn Müll für warme Wohnungen sorgt

Studie zeigt Potenzial von Großwärmepumpen für klimafreundliche Fernwärme

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

In Malmö sorgen Müll und sogar Fäkalien dafür, dass Wohnungen warm werden. Vier Großwärmepumpen, die 2017 in Betrieb genommen wurden, nutzen Abwärme einer Kläranlage sowie einer Müllverbrennungsanlage. Im dänischen Esbjerg soll in diesem Sommer eine Anlage anlaufen, die Wärme zum Beheizen von Wohnungen aus Meerwasser erzeugt. Da sie ihren Strom aus Windparks bezieht, werden 25 000 Haushalte dann klimaneutral beheizt.

Die Beispiele stammen aus einer Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die Potenziale von Großwärmepumpen zur Wärmeerzeugung in Sachsen und Brandenburg untersucht. Im Blick stehen dabei Städte und Siedlungen, in denen bislang etwa mit Fernwärme geheizt wird. In Brandenburg stammt diese aber zu 85 Prozent aus Braunkohlekraftwerken, die wegen des Kohleausstiegs bis 2038 abgeschaltet werden. Es bestehe daher »dringende Notwendigkeit«, sie zu ersetzen, heißt es in dem Papier der Fraunhofer Einrichtung für Energieinfrastruktur und Geothermie (IEG) in Cottbus.

Gaskraftwerke sind keine Alternative. Bis 2045 soll in Deutschland klimafreundlich geheizt werden. Bisher wird knapp die Hälfte der 40,9 Millionen Wohnungen mit Gas beheizt, fast ein Viertel mit Öl. Das 2023 vorgelegte Gebäudeenergiegesetz zeigt, wie das zu ändern ist. Die Debatten, die es auslöste, drehten sich aber fast nur um Einfamilienhäuser und die Frage, ob dezentrale Wärmepumpen effizient und bezahlbar sind. Für städtische Wohnquartiere wird auf Fernwärme gesetzt. Wie diese klimafreundlich erzeugt werden kann, ist offen. Grüner Wasserstoff, der für viele fossile Anwendungen als Allheilmittel gilt, werde nicht die Lösung sein, heißt es in der Studie: Er werde zu knapp und zu teuer sein.

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Großwärmepumpen dagegen seien hervorragend geeignet. In den Anlagen wird wie in den Kleingeräten die Umgebungswärme auf ein Kältemittel übertragen, das mittels strombetriebener Kompressoren verdichtet wird, was die Temperatur erhöht. Die Geräte seien technisch ausgereift, am Markt verfügbar und effizient, heißt es. Aus einer Kilowattstunde Strom erzeugen sie das Zwei- bis Siebenfache an Wärme. Perspektivisch werde es »gerade für urbane und stark verdichtete Räume ... kaum eine andere klimafreundliche Option geben«, sind die Autoren überzeugt.

Anderswo in Europa hat man das erkannt. In Norwegen stammen 13 Prozent der Heizenergie aus Großwärmepumpen, in Schweden acht Prozent, auch in Frankreich sind derlei Lösungen etabliert. In der Bundesrepublik gibt es allenfalls Modelllösungen. So wird in Freiburg im Breisgau die Abwärme einer Molkerei zum Heizen genutzt. Potenziale gibt es aber flächendeckend. Für Sachsen und Brandenburg wird etwa auf Seen einschließlich jener in ehemaligen Kohlegruben verwiesen, auf Abwärme von Industrieanlagen und Rechenzentren oder auf Erdwärme.

Um den Pumpen auch hierzulande zum Durchbruch zu verhelfen, ist freilich die Politik gefragt. So müsse die hohe Abgabenlast für die Stromproduktion gesenkt werden, weil Großwärmepumpen vor allem dann attraktiv werden, wenn Strom im Vergleich zu Gas preiswert ist. Zudem, sagt der sächsische Linksabgeordnete Marco Böhme, müssten Verordnungen zur Fernwärmenutzung und zur Wärmeplanung in Land und Bund angepasst werden.

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