»The Sympathizer«: Keinen Bock auf »asiatische Qualitäten«

Die Serie »The Sympathizer« erzählt vom amerikanisch-vietnamesischen Verhältnis aus einer ungewohnten Perspektive

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit viel Ironie erzählt »The Sympathizer« von der stoischen Unverbesserlichkeit der US-amerikanischen Perspektive auf Vietnam und auf Asien im Allgemeinen.
Mit viel Ironie erzählt »The Sympathizer« von der stoischen Unverbesserlichkeit der US-amerikanischen Perspektive auf Vietnam und auf Asien im Allgemeinen.

Auch wenn die USA den Vietnamkrieg verloren haben, üben sie in der kulturellen Aufarbeitung dieses historischen Ereignisses, vor allem im Filmbereich, nach wie vor eine kaum infrage zu stellende Dominanz aus. Dabei wird vor allem das Leid amerikanischer Soldaten inszeniert, während der kommunistische Gegner stets dämonisiert wird. Das passiert auch in vergleichsweise kritischen Beiträgen wie etwa dem mehrfach oscarprämierten Anti-Kriegs-Sozialdrama »Die durch die Hölle gehen« (1978) von Michael Cimino. Lediglich in Spike Lees rassismuskritischer Vietnamkriegserzählung »Da 5 Bloods« (2020) gibt es einen kurzen Schlenker, der eine vietnamesische Perspektive eröffnet.

Ganz anders erzählt dieses für die amerikanische Popkultur der 1960er und 1970er Jahre so sinnstiftende Ereignis der vor acht Jahren mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Roman »Der Sympathisant« des in den USA aufgewachsenen vietnamesisch-stämmigen Autors Viet Thanh Ngyuen. Nun hat HBO das erfolgreiche Buch als siebenteilige Serie unter dem Original-Titel »The Sympathizer« umgesetzt, die relativ nah an der literarischen Vorlage bleibt. Regie führte Park Chan-wook, der einem breiten Publikum durch seinen koreanischen Mafia-Thriller »Oldboy« bekannt wurde, wofür er 2003 mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet wurde.

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Im Zentrum der Geschichte von »The Sympathizer« steht der junge kommunistische Doppelagent namens der Hauptmann (Hoa Xuande), der den prowestlichen Geheimdienst in Saigon unterwandert und den Fall der südvietnamesischen Hauptstadt herbeisehnt. Aber anstatt mit seinen Genossinnen den Sieg über den imperialistischen Feind feiern zu dürfen, muss er auf Befehl seines Führungsoffiziers und besten Jugendfreundes Man (Duy Nguyễn) mit seinem Vorgesetzten, dem General der politischen Polizei Saigons (Toan Le) in die USA fliehen und er soll dort die antikommunistischen Exil-Vietnamesen ausspähen.

Der Hauptmann hatte bereits zuvor als kommunistischer Doppelagent in den USA mit einem CIA-Stipendium studiert. Er wohnt mit seinem anderen engen Jugendfreund Bon (Fred Nguyen Khan) zusammen, der dem südvietnamesischen Regime treu verbunden ist, bekommt einen Job an einer Universität in Los Angeles und hält Kontakt zu seinem früheren Vorgesetzten, der einen Spirituosenladen eröffnet und mithilfe eines reaktionären Kalten-Kriegs-Politikers der Republikaner eine militärische Kommando-Aktion in Vietnam vorbereitet.

»The Sympathizer« erzählt nicht nur die Kriegsereignisse und die letzten Tage im belagerten Saigon aus vietnamesischer Perspektive, sondern auch die Nöte der exil-vietnamesischen Gemeinde, die in einem fort mit rassistischen Vorurteilen zu kämpfen hat. Dem Hauptmann wird von seinem Vorgesetzten, einem Uniprofessor an einem Orientalistik-Institut, erklärt, was genau seine »asiatischen Qualitäten« seien.

Noch schlimmer wird es, als der Hauptmann Berater für einen Regisseur wird, der einen Blockbuster über den Vietnamkrieg dreht und nicht eine Zeile Text für die vietnamesischen Schauspieler beziehungsweise Komparsen vorgesehen hat. Der Film trägt eindeutig Züge von »Apokalypse Now«, auch ein an Marlon Brando erinnernder Hauptdarsteller (David Duchovny) kommt darin vor, der die Brutalität und Gewalt des Krieges als künstlerische Darstellung im Stil des Method Acting abfeiert. Am Ende kommt der Hauptmann bei den Dreharbeiten fast ums Leben, als er mit dem perfekt nachgebauten vietnamesischen Dorf beinahe in die Luft gesprengt wird.

»The Sympathizer« erzählt mit viel Ironie von der stoischen Unverbesserlichkeit der US-amerikanischen Perspektive auf Vietnam und auf Asien im Allgemeinen, das in den USA in rechten rassistischen Diskursen immer wieder als Feindbild herhalten muss. Zuletzt auch bei Donald Trump, der Covid regelmäßig als »chinese flu« bezeichnete. In der Serie spielt Robert Downey Jr. in mehreren Rollen den überheblichen, impertinenten Amerikaner als Uniprofessor, als CIA-Agent, als republikanischer Kalter Krieger und als durchgeknallter Regisseur – mitunter bis zur Unkenntlichkeit geschminkt.

Diesen nicht ganz einfachen und absolut lesenswerten Roman filmisch umzusetzen, ist ein hehres Unterfangen gewesen, was in der Serie aber durchaus gelingt. Das wird sehr stylisch mit viel – auch vietnamesischer – Popmusik umgesetzt und fächert ein Panorama des vietnamesischen Lebens in den USA auf, das für ein Massenpublikum so noch nicht inszeniert wurde.

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