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Für einen vormundschaftlichen Staat
Leitkultur, Strafen für Arme, Dienst- und Wehrpflicht: Die CDU führt ihre Freiheitsrhetorik ad absurdum
Die CDU nehme die Menschen, »wie sie sind«. Dieses Zitat von Gründungsvater und Altkanzler Konrad Adenauer bemühte zum Parteitagsauftakt Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner. Und behauptete, die Akzeptanz der Vielfalt menschlicher Lebensentwürfe sei faktisch ein Alleinstellungsmerkmal der Christdemokraten.
Dass genau das nun in der Geschichte der deutschen Konservativen eher die Ausnahme ist, liegt auf der Hand, allein, wenn man den Umgang mit dem Recht von Frauen auf körperliche Selbstbestimmung bis heute betrachtet. Immerhin: Im neuen Grundsatzprogramm wird zwar am »Leitbild von Ehe und Familie« festgehalten. Es wird aber postuliert, dass der Begriff auch »gleichgeschlechtliche Ehen, Alleinerziehende oder Patchworkfamilien« umfasse.
Doch auch im neuen Programm gilt: Freiheit ist den »Fleißigen« und vermeintlich Tüchtigen vorbehalten. Wer als arbeitsfähiger Sozialleistungsbezieher nicht sofort noch den miesesten Job annimmt, soll schneller und härter bestraft werden.
Auch wer nach Deutschland eingewandert ist, hat Vorschriften zu befolgen, geht es nach der CDU – die stets wettert, die Grünen seien eine die Bürger gängelnde »Verbotspartei«. »Alle, die hier leben wollen, müssen unsere Leitkultur ohne Wenn und Aber anerkennen«, heißt es im neuen Programm. Nur dann könnten sie auch irgendwann eingebürgert werden.
Ganz oben auf der Liste der Leitkultur-Regeln steht für Friedrich Merz das Bekenntnis zum Staat Israel und zum Schutz jüdischen Lebens. Weiter gehören zur Leitkultur laut Grundsatzdokument die »Achtung der Würde jedes einzelnen Menschen und der daraus folgenden Grund- und Menschenrechte, das Bekenntnis zum freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat und zur Meinungs- und Religionsfreiheit, die Trennung von Staat und Kirche, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, Respekt und Toleranz sowie der Schutz von Minderheiten«. Leitkultur umfasse dabei nicht nur das Grundgesetz, sondern auch das »gemeinsame Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit, das durch Gesetze nicht erzwungen werden kann, aber eine unverzichtbare Voraussetzung für Zusammenhalt ist«. Es brauche Verständnis »unserer Traditionen und Bräuche«.
Merz betonte, Leitkultur sei nicht ausgrenzend, sondern ein »einigendes Band« in einer pluralen Gesellschaft. Eine Minderheit in der CDU sieht das anders. So hat der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz, freilich ohne Aussicht auf Erfolg, in einem Änderungsantrag zum Programm gefordert, die Leitkultur-Passage zu streichen. Er findet die Forderung an Einwanderer, sich dazu zu bekennen, »übergriffig«. Jeder hierzulande müsse sich ohnehin an Recht und Gesetz halten. Ein »Heimatgefühl« aber könne man nicht vorschreiben, sagte Polenz der »taz«.
Derweil hat die Freiheitspartei auch für die vermeintlich verzärtelte Jugend etwas auf Lager: das »verpflichtende Gesellschaftsjahr«, also eine Dienstpflicht für alle, die unter anderem durch Freiwilligendienste abgegolten werden kann. Dafür gibt es eine karge Aufwandsentschädigung von derzeit 430 Euro monatlich.
Auf Initiative der Jungen Union Schleswig-Holstein wurde am Dienstag nach längerer Debatte bei nur wenigen Gegenstimmen zusätzlich die Forderung nach Wiedereinführung der unter dem früheren CDU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg 2011 ausgesetzten Wehrpflicht ins Programm aufgenommen. Dort heißt es nun, man plädiere für eine sogenannte Kontingentwehrpflicht als Übergangslösung. Dabei wird je nach Bedarf ein Teil der Gemusterten eingezogen.
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