Werbung

Kampf um Rentenpaket geht weiter: FDP-Fraktion droht mit Blockade

Zweimal wurden sich die Koalitionäre zur Rente einig, jetzt stellt sich die FDP-Fraktion quer. Ein Ampelstreit in drei Akten

Der Koalitionsstreit um die geplante Rentenreform der Ampel-Regierung geht in die dritte Runde. Nach einer ersten Einigung im März legte FDP-Finanzminister Christian Lindner Anfang der Woche plötzlich sein Veto gegen den Regierungsbeschluss zum Rentenpaket II ein. Nachdem die Koalitionschefs am Dienstag dann erneut eine Einigung fanden, stellen sich jetzt die Parlamentarier der FDP quer – und drohen mit einer Blockade im Bundestag.

Akt I: Eigentlich hatten sich das Arbeitsministerium unter Hubertus Heil (SPD) und das von Christian Lindner (FDP) geführte Finanzministerium schon im März auf einen Gesetzesentwurf geeinigt, den sie sogar gemeinsam vorstellten. Damals galt der Auftritt der beiden Minister als ein Symbol für die neu erlangte Kompromissfähigkeit der ständig streitenden Ampel-Regierung. Man verständigte sich darauf, das Rentenniveau für die Zeit nach 2025 bis zum Jahr 2029 auf 48 Prozent festzuschreiben. Mittelfristig müssten demnach die Beitragssätze steigen, bis 2035 auf 22,3 Prozent. Aus den Reihen der FDP gibt es jedoch seit Längerem Forderungen nach Änderungen.

Akt II: Anfang dieser Woche ging Christian Lindner dann plötzlich auf die Barrikaden. Für SPD und Grüne »völlig überraschend«, wie es laut der »Rheinischen Post« aus beiden Parteien hieß, hatte der Finanzminister seinen Staatssekretär Steffen Saebisch angewiesen, am Montagnachmittag den für Mittwoch geplanten Kabinettsbeschluss zum Rentenpaket II zu blockieren.

Grund für Lindners Vorgehen sollen Medienberichten zufolge der andauernde Streit um den Staatshaushalt 2025 und die Überschreitung der Sparvorgaben mehrerer Bundesministerien gewesen sein. Allein das Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) habe für 2025 fast acht Milliarden Euro Mehrausgaben angemeldet als nach der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen, berichtete die »Rheinische Post« am Mittwoch unter Berufung auf Regierungskreise.

Insgesamt lägen die Anmeldungen der Ressorts für den Etat 2025 um rund 20 Milliarden Euro über der von Lindner vorgegebenen Ausgabengrenze, berichtet das »Handelsblatt«. Neben dem Arbeitsministerium hielten sich demnach auch das Innen-, das Entwicklungs- sowie das Außenministerium nicht an die Vorgaben. Lindner habe daraufhin den für diesen Mittwoch geplanten Kabinettsbeschluss zum Rentenpaket II zunächst blockiert, berichteten »Handelsblatt« und »Rheinische Post«.

Am Dienstagnachmittag, nach einem etwa dreistündigen Gespräch zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner, fand man dann doch eine Einigung: Das Rentenpaket solle noch im Mai unverändert vom Kabinett beschlossen werden. Aus Kreisen des Finanzministeriums hieß es dann aber: »Es besteht Einigkeit, dass die teils exorbitanten Forderungen der Ressorts für den Bundeshaushalt 2025 so nicht akzeptiert werden können.« Alle Vorhaben des Rentenpakets II müssten »neu in den finanziellen Rahmen eingeordnet« werden. Dazu würden jetzt Gespräche mit den Ministerien geführt.

Akt III: Am Donnerstag mischte sich die FDP-Fraktion im Bundestag in den Koalitionsstreit ein. Sie will dem Rentenpaket II in seiner jetzigen Form nicht zustimmen und fordert von SPD und Grünen erhebliche Nachbesserungen. »Ich sehe aktuell nicht, dass das Rentenpaket in dieser Form im Bundestag verabschiedet wird«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Torsten Herbst, der »Bild«-Zeitung. Konkret forderte er einen geringeren Anstieg der Rentenbeiträge ab 2028 und eine Ausweitung der sogenannten Aktienrente

»Die Schere zwischen Brutto- und Nettogehalt darf nicht noch weiter auseinandergehen«, so Herbst. »Des Weiteren muss die Aktienrente viel mehr Gewicht bekommen.« Sie könne das System langfristig spürbar entlasten und zugleich für ein sicheres Rentensystem sorgen, so der FDPler.

Dem Bericht zufolge wird in der FDP-Fraktion auch über ein Ende der Rente mit 63 und eine freiwillige Anhebung des Renteneintrittsalters diskutiert. Beides könnte auch in das Rentenpaket hineinverhandelt werden, hieß es demnach. Dabei ist die Rente mit 63 dem Kanzler besonders wichtig: Erst kürzlich hatte Scholz bei einer Auftaktveranstaltung zum SPD-Europawahlkampf betont, dass die Ampel die Rente mit 63 nicht abschaffen werde.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Johannes Vogel sagte, die Rente müsse für alle Generationen abgesichert werden. »Wenn die Rentenbeiträge im Umlagesystem für die arbeitende Mitte einfach immer weiter steigen, gibt es immer weniger Netto vom Brutto und höhere Lohnnebenkosten.« Daran sollten auch die Koalitionspartner kein Interesse haben. Der FDP-Finanzexperte Maximilian Mordhorst wiederum sagte zu »Bild«: »Wir können unser demografisches Problem nicht mit immer höheren Belastungen für die arbeitende Bevölkerung kompensieren.«

Hält die Fraktion tatsächlich an ihrer Blockade fest, könnte sie damit die Koalitionäre dazu zwingen, an das Gesetz noch einmal ranzugehen. Der ewige Streit zwischen FDP, SPD und Grüne droht also erneut zu eskalieren.  Mit Agenturen

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.