- Politik
- Springer
Michael Wildt: Im Visier von Schreibtischtätern
Michael Wildt hat ein Statement gegen Polizeieinsätze an Berliner Universitäten unterzeichnet und steht dafür am Pranger
Der promovierte und preisgekrönte Historiker Michael Wildt hat jahrzehntelang an renommierten Instituten zu Nationalsozialismus und Antisemitismus geforscht und an der Universität Hamburg auch dazu gelehrt. Von einem Redakteur der »Bild« muss sich der 70-Jährige auf X nun belehren lassen, er sei »das beste Beispiel dafür, dass Geschichtswissenschaft die am wenigsten geeignete Disziplin für ein kritisches Verständnis des Holocaust ist«. Wie kann das sein?
Zusammen mit anfangs rund 120 Lehrenden an Berliner Hochschulen hatte Wildt vergangene Woche einen Offenen Brief veröffentlicht, der Polizeieinsätze gegen pro-palästinensische Proteste an Universitäten kritisiert und die Leitung an ihre Pflicht erinnert, eine »gewaltfreie Lösung anzustreben«. In Springer-Medien wurden die Unterzeichner daraufhin als antisemitische »Universitäter« angeprangert. Dagegen hat Wildt Beschwerde beim Presserat eingelegt.
Die Beschimpfung als »Universitäter« erinnert an das 2002 erschienene Buch »Generation des Unbedingten«, in dem Wildt den Mythos von »Schreibtischtätern« entlarvt und von jungen Männern schreibt, die sich als »kämpfende Verwaltung« am Judenmord beteiligen wollten.
Vor zwei Jahren trat Wildt in den Ruhestand, seine Abschiedsvorlesung hielt er zur Singularität des Holocaust und der Frage, wie dieses einst unumstößliche Axiom der deutschen Geschichtswissenschaft in der heutigen Migrationsgesellschaft zu deuten wäre. Der Essay endet mit dem Wunsch nach »mehr Offenheit, mehr Respekt, mehr Bereitschaft zum Zuhören und Nachdenken«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.