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Ahnungsloser Bausenat in Berlin
Die Bauverwaltung hat keine Ahnung, wie viele Bauprojekte durch Umweltverbände tatsächlich verzögert werden
Man sollte meinen, große Reformen basierten auf fundierten Analysen der Probleme und versuchten eine Antwort auf diese zu geben. Beim Schneller-Bauen-Gesetz, mit dem Bausenator Christian Gaebler das Baugeschehen in Berlin beschleunigen will, ist eine der Antworten die Beschränkung der Rechte von Umweltverbänden. Die Zeit, die diese und Naturschutzbehörden für Stellungnahmen zu Bauprojekten haben, soll drastisch verkürzt werden. Außerdem soll die Zerstörung nach Bundesrecht gesetzlich geschützter Biotope vereinfacht werden.
Begründet wird dies immer wieder damit, dass Naturschutzverbände Bauvorhaben mit unsachlichen Einwürfen unbotmäßig bremsen würden. Anekdoten von platziertem Käferkot, Kreuzkröten oder Zauneidechsen, die Bauprojekte verzögern würden, machen die Runde. Bausenator Gaebler greift sie immer wieder auf.
Nun stellt sich aber heraus: Der Senat hat keine Ahnung, wie of Verbände tatsächlich Bauvorhaben durch Stellungnahmen oder Klagen ausgebremst oder gar verhindert haben. Das geht auf die Antwort der Linke-Abgeordneten Katalin Gennburg an den Senat hervor. Auf sechs Detailfragen antwortet die Bauverwaltung lapidar, die abgefragten Daten würden nicht systematisch erfasst. Dass außer gefühltem Wissen und anekdotischen Erzählungen keinerlei Datengrundlage für die beabsichtigten drastischen Einschnitte in den Naturschutz vorliegt, ist ein Armutszeugnis für den Senat. Vor allem aber kommen durch so ein ahnungsloses Verwaltungshandeln erhebliche Zweifel daran auf, ob das Gesetz überhaupt geeignet ist, das postulierte Ziel – den Bau von dringend benötigtem Wohnraum zu beschleunigen – zu erfüllen.
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