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S-Bahnbau am Roma-Denkmal: Des Gedenkens unwürdig
Kritik aus der Roma-Community am Bau der S21 reißt nicht ab
Mehmet Daimagüler wird direkt: »Ich habe mit der Verkehrssenatorin gesprochen. Ich habe ihr deutlich gemacht, dass wir hier einen umfassenden Mediationsprozess brauchen, wo die Community in ihrer Breite einbezogen und gehört wird.« Daimagüler ist Antiziganismusbeauftragter der Bundesregierung und in seiner Funktion Ende April im Bundestagsausschuss für Familie, Jugend und Senioren zu Gast. Es geht um ein schon länger anhaltendes Streitthema: den Bau der S-Bahnlinie 21 und seine Auswirkungen auf das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas.
Daimagüler antwortet auf die Frage der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut (Linke), wie die Bundesregierung die zum Teil scharfe Kritik aus den Romaverbänden an der mangelhaften Einbeziehung beurteilt. Er könne die Forderung aus der Community nach stärkerer Beteiligung sehr gut nachvollziehen, sagt Daimagüler. Er wünsche sich, dass es bei dem Thema ähnlich sensibel zuginge, wie es bei einem Mahnmal für im Nationalsozialismus ermordete Jüd*innen gewöhnlich der Fall sei.
Die S21 soll die ausgelastete Nord-Süd-Bahn ergänzen. Im Dezember vergangenen Jahres hatte sich das Land Berlin, vertreten durch die ehemalige Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU), für eine von 15 verschiedenen von der Deutschen Bahn geprüften Varianten für den Bau der neuen Trasse entschieden. Schätzungen der Bahn zufolge könnte die Strecke auf diesem Abschnitt 2030 in Betrieb genommen werden.
Der Berliner Senat, die Deutsche Bahn und die Bundesregierung betonen, dass die gewählte Variante 12h auf die Kritiken eingehen würde. In seiner Pressemitteilung vom Dezember erklärt der Senat seinen Entschluss für die Variante damit, dass »in der jetzt vorliegenden Planung das Denkmal als solches baulich nicht mehr beeinträchtigt wird und die weiteren baubedingten Auswirkungen auf die Umgebung so gering wie technisch möglich ausfallen«.
Der für Schienenverkehr zuständige Staatssekretär im Bundestag, Michael Theurer (FDP), zitiert in einer Antwort auf eine Anfrage der Abgeordneten Akbulut eine Stellungnahme der Deutschen Bahn: Demnach »sind die Bedenken der Teilnehmer aufgenommen und in der Planung bestmöglich berücksichtigt worden«. Eine offene Baugrube sei nur vorübergehend notwendig. Der Forderung nach Erhalt des umgebenden Baumbestands sei bestmöglich entsprochen worden. Der Lichtungscharakter bleibe erhalten.
Der Linke-Abgeordneten Akbultut zufolge verschleiert die Bahn in der Stellungnahme, dass die Selbstorganisationen nur unzureichend in die Planung eingebunden wurden. »Die anhaltenden Proteste verdeutlichen, dass ein neuer Planungsprozess erforderlich ist, der transparent ist und eine umfassende Beteiligung von Verbandsvertretern der Sinti und Roma ermöglicht«, sagt Akbulut zu »nd«. Der Baumbestand dürfe in keiner Weise beschädigt werden. »Jetzt einfach den Planungsprozess voranzutreiben, ohne auf die deutlich geäußerten Bedenken einzugehen, wäre einfach nur ignorant und geschichtsvergessen.«
Der Unmut in Teilen der Roma-Community ist immens. »Die einzige für uns, nicht nur die Hinterbliebenen, annehmbare Lösung ist, das Denkmal so zu belassen, wie es ist«, sagt Hamze Bytyci, Vorstandsvorsitzender von Roma Trial, einer transkulturellen Roma-Selbstorganisation aus Berlin. Im Angesicht eines würdigen Gedenkens sei eine S-Bahntrasse sekundär.
»Der Zentralrat der Sinti und Roma ist der einzige Verband, der gesagt hat: ›Das kann man machen‹«, sagt Bytyci zu »nd«. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ist einer von drei Dachverbänden von Romaselbstorganisationen. Die Bundesvereinigung der Sinti und Roma sowie die Sinti-Allianz hatten zuletzt das Vorhaben vorangetrieben, dass die drei Verbände im Rahmen eines Staatsvertrages als zentrales Sprachrohr anerkannt werden. Der Zentralrat hat sich bisher nicht darauf eingelassen.
Bytyci führt die Fundamentalopposition weiter aus: Der Gesamtcharakter werde verändert. »An einem Mahnmal, unter dem eine scheppernde U-Bahn durchfährt, kann ich mir ein würdiges Gedenken nicht vorstellen. Dass unsere Interessen öffentlich beschwiegen werden, ist abartig.« Vom Antiziganismusbeauftragten erwarte er sich weniger Vorschläge zur Mediation, als dass er sich klar auf die Seite der Mehrheit der Community stelle.
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Im Kreise der Hinterbliebenen von Dani Karavan, dem Architekten des Mahnmals, prüft man indessen eine Urheberrechtsklage. Wie die »Taz« berichtet, erklärte auch die betreuende Stiftung Denkmal in Berlin, dass es sich bei der Klage um die einzige noch denkbare Option handele, mit der das Mahnmal unangetastet bleiben könne. Bytyci von Roma Trial befürwortet einen solchen Schritt, sofern er Aussicht auf Erfolg hat: »Wir begrüßen alles, was möglich ist.«
Dass der künftige Tunnel überhaupt das Mahnmal berühren soll, geht auf den Widerstand der Bundestagsführung zurück, der die ursprünglichen Pläne der Bahn aus der Angst heraus blockierte, die S-Bahn könne Schäden am Bundestagsgebäude verursachen und den Betrieb einschränken. In der Folge wurden Trassen in größerem Abstand erwogen.
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