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Protest bei VW-Hauptversammlung
Trotz der rein virtuellen Veranstaltung gab es zahlreiche Aktionen rund um das Werksgelände
Beginnen wir mit einem kurzen Rückblick: Bei der letztjährigen Hauptversammlung von VW in Berlin sorgten nicht die Reden der Vorsitzenden für Schlagzeilen, sondern die Störmanöver verschiedener Aktivist*innen. Ein Tortenwurf verfehlte Wolfgang Porsche, Mitglied des Aufsichtsrats und Großaktionär, nur knapp; eine Aktivistin protestierte mit nacktem Oberkörper, lauten Rufen und einem Plakat gegen Menschenrechtsprobleme in China; und rund um das Versammlungsgelände gab es mehrere Aktionen von Fridays for Future und der Letzten Generation.
Gestern fand die diesjährige Hauptversammlung statt – und zwar ausschließlich virtuell, angeblich aus Kostengründen. So richtig nahm dem größten deutschen Autobauer diese Begründung aber niemand ab. »In Berlin mussten Sie sich vor der auf Sie zufliegenden Torte wegducken, und heute – im virtuellen Raum – ducken Sie sich vor Ihren Aktionären weg«, so Ingo Speich von der Deka-Bank in einem vorab veröffentlichten Redemanuskript. Auf Nachfrage während der Versammlung gestand das auch der Konzern ein: »In Anbetracht der Vorfälle im letzten Jahr haben auch Sicherheitsabwägungen eine Rolle gespielt.«
Die Verkehrswendeaktivist*innen aus dem Projekthaus Amsel 44 in Wolfsburg ließen sich von dieser Flucht ins Digitale aber nicht abhalten. Schon vorab hatten sie eine »alternative Hauptversammlung« vor dem VW Gelände in Wolfsburg angekündigt. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch stellten die Aktivist*innen dann nach eigenen Angaben 50 Kreuze um eine große Skulptur eines VW-Golfs in Wolfsburg, um darauf aufmerksam zu machen, dass das Auto das tödlichste Verkehrsmittel in Deutschland ist. »50 Jahre Golf und die heutige VW-Hauptversammlung sind ein guter Anlass, darüber nachzudenken und das System Auto grundsätzlich infrage zu stellen«, hieß es in einem Statement.
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Ihre Aktionen richteten sich nicht gegen die Belegschaft, betonten die Aktivist*innen. »Wir möchten die soziale und ökologische Frage zusammenbringen«, schreiben sie in einer Pressemitteilung. Wie zum Beweis traf sich Thomas Donnermeier, 40 Jahre IG Metall-Mitglied und VW-Arbeiter aus Kassel-Baunatal, am Dienstag mit der Aktivistin Lotte Herzberg vor dem Gewerkschaftshaus der IG Metall in Wolfsburg. Beide betonten ihre gemeinsame Forderung nach einer Vergesellschaftung des größten deutschen Autobauers. Diese sei sogar in der Satzung der IG Metall festgehalten. Darin heißt es, zu den Aufgaben und Zielen der IG Metall gehöre die »Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum«.
Donnermeier sprach auch auf der bei den Behörden angemeldeten »alternativen Hauptversammlung« vor einer Einfahrt zum Werksgelände. Laut eigenen Angaben waren dort am Nachmittag ungefähr 30 Personen anwesend. Am Dach eines weiteren Eingangsgebäudes hatten Aktivist*innen zuvor ein großes Banner befestigt, auf dem zu lesen war: »Diese Fabrik ist besetzt, VW in Arbeiter*innenhand«. Eine Pressesprecherin der Polizei sagte »nd« dazu, dass es zu keiner Besetzung der Fabrik gekommen sei, Personen seien nur zur Befestigung des Spruchbands auf das Gebäude geklettert. Gegen diese wurde Anzeige erstattet. Laut Polizeiangaben verliefen auch die restlichen Aktionen »alles in allem recht friedlich«.
Dazu gehörte ein weiterer »Bannerdrop« in der Nähe des Wolfsburger Hauptbahnhofs. Dort wurde der Schriftzug »Verkehrswende statt Antriebswende« entrollt. Dahinter steht die Forderung, VW solle statt Elektroautos in Zukunft Busse, Bahnen und Lastenräder produzieren. Vorbild für diese als Konversion bekannte Umstellung ist die seit 2021 besetzte ehemalige Fabrik des Autozulieferers GKN. Die streikenden Arbeiter*innen wollen in Zukunft Solarpanels und Lastenräder herstellen.
Neben den Wolfsburger Verkehrswende-Aktivist*innen forderte die Umweltgruppe Robin Wood auf einem Banner den Stopp des geplanten Ausbaus einer Porsche-Teststrecke in Süditalien. Nach Angaben der Gruppe plant die VW-Konzerntochter, dafür etwa 200 Hektar eines geschützten Eichenwaldes abzuholzen. In einem gemeinsamen Statement kritisierten der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und der Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre zudem, VW gehe zu lasch gegen Menschenrechtsverletzungen in China vor. Darüber hinaus monierten beide Organisationen, dass der Autohersteller zu wenig auf kleine E-Fahrzeuge setze.
Am frühen Nachmittag schafften es die Verkehrswende-Aktivist*innen dann doch noch in die Hauptversammlung, ihnen wurde Zeit für Fragen eingeräumt. Diese nutzten sie, um ihre Forderungen zu untermauern. Dabei zeigte sich, wie praktisch eine virtuelle Veranstaltung für den Konzern ist: Sicherheitskräfte müssen keine schreienden Aktivisten aus dem Raum schleifen, man kann sie einfach stummschalten.
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