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Indien: Modi siegt unter den Erwartungen
Der indische Premier sieht sich mit seiner Koalition im Parlament einer erstarkenden Opposition gegenüber
Strahlende Sieger sehen anders aus: Premierminister Narendra Modi und das NDA-Bündnis um seine hindunationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) mögen zwar nominell nach ihrer Präsenz in der Lok Sabha, dem 543-köpfigen Unterhaus des Zweikammerparlaments, gewonnen haben. Der laut allen Umfragen, Experteneinschätzungen und ersten Tendenzen von den Wahltagen erwartete Durchmarsch des rechten Lagers ist jedoch überraschend ausgeblieben.
Der Auszählungstag wurde zeitweise gar zu einer Zitterpartie für Modi und seine Getreuen, ob die notwendige einfache Mehrheit der Abgeordneten für BJP und Partner noch zustande kommt. Das Ergebnis liegt fernab der im Wahlkampf immer wieder propagierten Zielmarke von 400 Sitzen für die NDA, was Verfassungsänderungen aus eigener Kraft ermöglicht hätte. Die BJP bleibt zwar deutlich stärkste Einzelkraft, holt im Bündnis aber insgesamt nur knapp 300 Mandate.
Wahl der Superlative
Fast 970 Millionen Einwohner*innen des Landes, das mittlerweile das bevölkerungsreichste der Welt ist, waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Eine Wahl der Superlative – und obwohl eine Rekordhitzewelle Indien seit Wochen im Würgegriff hält, das Thermometer zuletzt in der Hauptstadt Delhi sogar punktuell die 50-Grad-Marke übersprang und rund 30 Wahlhelfer*innen aufgrund der Hitze starben, strömten die Menschen generell in großer Zahl in die Abstimmungslokale. Den meisten war es spürbar alles andere als egal, wer da die kommenden fünf Jahre regieren wird.
Der oppositionelle INDIA-Block, eine vor knapp einem Jahr gegründete Allianz aus zwei Dutzend liberalen, linken und einflussreichen Regionalparteien, hat wesentlich besser abgeschnitten als in fast allen Prognosen. Nicht nur die traditionsreiche, eng mit dem damaligen Unabhängigkeitskampf des Subkontinents verbundene Kongresspartei (INC) ist aus ihrem zuletzt zehnjährigen Jammertal seit dem Machtverlust 2014 wieder aufgetaucht und kann sich wieder selbstbewusst als zweite wirklich nationale Kraft neben der BJP darstellen.
Kongresspartei schafft Comeback
In vielen Unionsstaaten, wo der INC in jüngster Zeit kaum mehr eine Rolle gespielt hatte, schaffte die Grand Old Party ein bemerkenswertes Comeback. Aber auch etliche der Bündnispartner konnten in ihren jeweiligen Hochburgen über Jahre verlorenen Boden gutmachen. In Summe reicht dies nun immerhin für etwa 230 Sitze der Allianz. Damit kann die weitgehend vereinte Opposition ihre bisherige parlamentarische Präsenz von 80 Sitzen beinahe verdreifachen.
Signifikant für das unerwartet schlechte Abschneiden der BJP sind vor allem zahlreiche Verluste, die die Partei im sogenannten Hindi-Belt hinnehmen musste. Der 250 Wahlkreise umfassende breite Streifen im Norden, vor allem mit dem bevölkerungsreichsten Uttar Pradesh (UP), gilt als Herzstück der Hindunationalisten. Im Januar war dort in Ayodhya von Modi triumphal der riesige neue Hindutempel zu Ehren von Gott Ram eingeweiht worden, der an der Stelle einer 1992 zerstörten Moschee steht. In UP, bei Wahlen zuletzt immer in das Safrangelb der Rechten eingefärbt, konnte INDIA über seine lokal wichtigste Stütze, die sozialdemokratische Samajwadi Party (SP), gut die Hälfte der 80 Sitze erlangen. Allein die SP holte davon 34.
Rücktrittsforderung gegen Modi
Schwierig bleibt es für die BJP im äußersten Süden. Der Bundesstaat Tamil Nadu, wo es ebenfalls starke linksliberale Regionalparteien gibt, erwies sich abermals als funktionierendes Bollwerk. Die Dravida Munnetra Kazhagham (DMK) hatte dem Premier und seinen Helfern besonders deutlich eine Faschisierung der Gesellschaft vorgeworfen. Im benachbarten Kerala, letzte verbliebene Bastion der Linksfront, holte die Modi-Partei mit einem Filmstar zwar erstmals ein Mandat, bleibt aber eine Randerscheinung.
Aufgrund dessen, dass die BJP und Partner rund 100 Mandate hinter dem eigenen Ziel blieben, rief INC-Generalsekretär Jairam Ramesh Modi zum Abtreten auf. Der Premier solle die Verantwortung für die »politische und moralische Niederlage« übernehmen. Zumindest wird das Regieren schwieriger. Betont liberale Kräfte innerhalb der NDA könnten die Hardliner etwas ausbremsen. Abhängig ist Modi zum Beispiel von Bihars Chefminister Nitish Kumar, der mit seiner JD (U) 2023 noch zu den treibenden Kräften der INDIA-Gründung gehörte. Er galt gar als potenzieller Spitzenkandidat, bevor er im Frühjahr mit den neuen Partnern brach und die NDA zurückkehrte. Die JD (U) holte 16 Sitze.
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