Berliner SPD schiebt Rückführung der Berlin Transport an

Entsprechender Antrag der Berliner Sozialdemokraten in Vorbereitung

Mitarbeiter*innen der BT beklagen, dass sie vor allem auf anspruchsvolleren Linien durch soziale Brennpunkte wie auf der M29 eingesetzt werden.
Mitarbeiter*innen der BT beklagen, dass sie vor allem auf anspruchsvolleren Linien durch soziale Brennpunkte wie auf der M29 eingesetzt werden.

Es ist erklärtes Vorhaben der schwarz-roten Koalition, Töchter von landeseigenen Unternehmen aufzulösen. Aufgabenbereiche und Belegschaften der Töchter sollen in die Stammgesellschaften zurückgeführt werden. »Bereits erfolgte Aus- und Neugründungen wollen wir zurückführen«, heißt es im Koalitionsvertrag von SPD und CDU.

Eine dieser Ausgründungen ist die Berlin Transport GmbH (BT). 1999 wurde die BT aus den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) ausgegründet, um die damaligen Tarifvereinbarungen zu unterlaufen und so Geld einzusparen. Innerhalb der Koalition waren Bestrebungen nach einer Umkehrung dieses Vorgangs bisher kaum wahrzunehmen. Doch nun deutet sich Bewegung in den Reihen der SPD-Fraktion an.

»In der SPD-Fraktion gibt es einen eigenen Antrag in der Vorbereitung über die Arbeitsmarktpolitiker«, erklärte Jörg Stroedter (SPD) am Montag im Wirtschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses. Den fertigen Antrag werde man zur gegebenen Zeit einbringen, so Stroedter.

Laut Matthias Kollatz, Sprecher für die BVG der SPD, könne ein solcher Antrag schon innerhalb der nächsten zwei Monate vorliegen. Kollatz erklärt »nd«, dass die Blöcke Gehaltsstruktur und Pensionsfonds beider Unternehmen gut kompatibel seien. Den größten Klärungsbedarf sieht er mit Blick auf die Organisationsstruktur von BT und BVG. »Die BT ist in ihrer Organisationsstruktur schlanker als die BVG. Es kann nicht darum gehen, dass bei dem Vorgang einfach der Große den Kleinen schluckt.« Es gebe den Appell an die BVG, das zu berücksichtigen und strukturelle Verbesserungen der BT gegebenenfalls zu übernehmen. Kollatz nannte als Beispiel die Übernahme vom Paketlogistiker DHL durch die Deutsche Post. Hier sei die bis dahin existierende Paketsparte der Post auch in die DHL-Strukur übergegangen und nicht umgekehrt.

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Die BVG wollte das Antragsvorhaben der SPD auf nd-Anfrage nicht kommentieren, verwies stattdessen auf die Politik als Entscheidungsträger. Die BVG führe im Auftrag des Aufsichtsrats, dessen Vorsitz Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) innehat, zurzeit ein Projekt durch, das sich mit der Zukunft der BT und einer möglichen Integration in die BVG befasse, teilte die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe mit.

In ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des SPD-Abgeordneten Sven Meyer hatte die Senatsverwaltung zuletzt auf die Autonomie der BVG hingewiesen: »Die BVG führt als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ihre Geschäfte eigenverantwortlich im Rahmen der geltenden gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen«, erklärte ein Sprecher. Dazu gehöre auch der Umgang mit der BT. Meyer hatte gefragt, inwieweit der Senat die Aufrechterhaltung der BT noch für notwendig erachte.

Dass der Senat auf die Kompetenz der BVG verweist, kann Meyer nachvollziehen, schließlich solle die Gesellschaft selbstständig operieren. »Gleichzeitig entzieht sich der Senat aber auch seiner Verantwortung.« Eine Begründung, warum die Aufrechterhaltung der BT notwendig sei, habe der Senat nicht liefern können, oder nicht liefern wollen. Dabei sei die Rückführung erklärtes Ziel des Koalitionsvertrages, sagt Meyer.

Meyer wollte zudem Auskunft über die geschätzten Kosten der Reintegration erhalten: Im ersten Jahr fielen 22,7 Millionen Euro an Mehrkosten an, danach 18,8 Millionen jährlich. Der Senat weist darauf hin, dass die Kostenschätzung im Rahmen der Zukunftsprüfung für die BT ebenfalls auf dem Prüfstand stehe. Dennoch schließt Meyer: »Hinter die vom Senat genannten Mehrkosten würde ich ein Fragezeichen setzen, insbesondere, da in der Kostenaufstellung keine Einsparungen gelistet sind.« Seine Erfahrung zeige, dass Unternehmen, die Verschmelzungen nicht wollen, insbesondere auf die Mehrkosten abstellen und Ersparnisse und Verbesserungen außen vor lassen würden.

»Aus heutiger Sicht sind die ganzen Outsourcings ein Riesenfehler gewesen«, sagte Parteikollege Jörg Stroedter am Montag im Wirtschaftsausschuss. »Man hat klar gesehen, dass man nicht dauerhaft Mitarbeiter zweiter Klasse haben darf.«

Von 1720 Beschäftigen der BT sind 1445 im Busfahrdienst eingesetzt, 140 fahren die U-Bahnen und 135 Beschäftigte arbeiten in den Abteilungen Verwaltung, Personal und IT. Dem stehen 13 895 Mitarbeiter*innen bei der BVG gegenüber. Davon fahren 3746 Bus, 665 U-Bahn, und 1419 Straßenbahn. 8065 Beschäftigte arbeiten in Verwaltung, Personal und IT. Für BVG wie BT gilt gleichermaßen der Tarifvertrag Nahverkehr des Landes Berlin.

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