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Die EM in Rom startet an einem geschichtsträchtigen Ort
Römische Geschichten: Die Europameisterschaften im Olympiastadion
Im Olympiastadion von Rom wurde schon viel Sportgeschichte geschrieben. Im Sommer 1990 bescherte beispielsweise Andy Brehmes Elfmetertor Deutschlands Fußballern den WM-Titel. Große Ereignisse bot auch die Leichtathletik: Olympische Spiele 1960, Europameisterschaften 1974, Weltmeisterschaften 1987. Ab diesem Freitag werden im »Stadio Olimpico« sechs Tage lang die 26. Europameisterschaften ausgetragen.
Letzte gesamstdeutsche Mannschaft
1960 sah Rom nachhaltige und großartige Olympische Sommerspiele zwischen antiken Stätten und Moderne. Es waren die Spiele der »schwarzen Sprint-Gazelle« Wilma Rudolph und des äthiopischen Marathonläufers Bikila Abebe, der barfuß zum Olympiasieg rannte. Welch ein Anachronismus im Vergleich zur heutigen Zeit, wo die Athleten allein mit Carbonschuhen drei bis vier Minuten schneller sind. »Rom waren meine Spiele«, konstatierte Armin Hary, erster deutscher Olympiasieger in der Geschichte der modernen Spiele über 100 Meter. Es war der vorläufig letzte Start einer gesamtdeutschen Mannschaft bei internationalen Meisterschaften. Danach teilte sich die deutsche Leichtathletik in Ost und West.
Nach einer sehr guten Ausbeute der westdeutschen Leichtathleten 1966 bei den Europameisterschaften in Budapest mit 21 und 1971 Helsinki mit 17 Medaillen, folgte 1974 bei der EM in Rom mit zwölf Medaillen eine eher enttäuschende Bilanz. An der Spitze thronte die DDR mit 27-mal Edelmetall, darunter zehnmal Gold. »Es gab damals leider keine TV-Bilder aus Rom«, erinnerte sich Guido Kratschmer, Bronzemedaillengewinner für die BRD und späterer Zehnkampf-Weltrekordler. Der Grund: Wegen der aufkommenden Bandenwerbung (»Schleichwerbung«) an der Bahn zog die ARD die geplanten Übertragungen aus Rom zurück.
Ben Johnson und Primo Nebiolo
Die WM 1987 im »Stadio Olympico« brachte großen Sport und große Turbulenzen. Die westdeutschen Leichtathleten holten nur drei Medaillen. Die DDR stand mit 31 Medaillen wieder ganz oben. Fast jede Siegerleistung von Rom fiel besser aus als vier Jahre zuvor bei der WM in Helsinki. Es war längst die Zeit der beschleunigten Leistungen. Ben Johnsons Weltrekord über 100 Meter von 9,83 Sekunden löste sich später in Chemie auf, der Kanadier wurde wegen Steroid-Dopings aus der Sportwelt verbannt.
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Erst Monate nach den Titelkämpfen wurde ein unglaublicher Betrug beim Weitsprung der Männer aufgedeckt. Nach dem letzten Sprung des Italieners Giovanni Evangelisti tauchte auf der Anzeigetafel die Weite vom 8,38 Meter auf. Dies brachte ihm Bronze. Messfehler oder Betrug? Biomechanische Auswertungen brachten es später an den Tag: Der Sprung war nur 7,80 Meter weit. Ein Werk des gewieften Weltverbandspräsidenten Primo Nebiolo? Römische Geschichten eben.
Auf und Ab des DLV-Teams
Und wo steht die deutsche Leichtathletik heute? Enttäuschung bei der WM in Eugene 2022, ein Sommermärchen bei der Heim-EM 2022 in München, medaillenlose WM 2023 in Budapest – wie geht die Berg- und Talfahrt weiter?
Rom? Paris? Oder beides? Für viele war es die große Frage vor diesem Sommer. Die zweifache Hindernis-Europameisterin Gesa Krause, nach ihrer Babypause in starker Form zurückgekehrt, geht beide Meisterschaften an, sagt aber klar, dass die Olympischen Spiele vom 26.7. bis 11.8. Priorität haben. »Man kann nicht zwei solche Höhepunkte in so kurzer Zeit auf höchstem Niveau bestreiten.« Große Hoffnungen weckt »Überfliegerin« Malaika Mihambo mit Blick nach Rom und Paris. »Für die EM in Rom haben wir eine Spitze eingeplant, aber natürlich sind die Olympischen Spiele der absolute Höhepunkt«, sagt die Weitsprung-Olympiasiegerin.
Für manche ist die EM der Saisonhöhepunkt, für andere nur eine Durchgangsstation auf dem Weg nach Paris. »Malaika Mihambo, Zehnkämpfer Niklas Kaul, Speerwerfer Julian Weber, Gesa Krause und Sprinterin Gina Lückenkemper starten mit Titelchancen in Rom«, schätzt der neue Vorstand Leistungssport des Deutschen Leichtathletikverbandes Jörg Bügner die Chancen ein. Leo Neugebauer, Shooting-Star im Zehnkampf, fehlt im EM-Aufgebot. Er war am Mittwoch und Donnerstag bei den NCAA-Titelkämpfen in Eugene für seine Universität am Start.
Freuen darf man sich auf Starts von internationalen Stars im Olympiastadion von Rom: Mit dem schwedischen Stabhochsprung-Überflieger Armand Duplantis und der niederländischen 400-Meter-Hürden-Weltmeisterin Femke Bol lassen sich die Besten der Welt sehen. Norwegen schickt Mittelstreckler Jakob Ingebrigtsen und Hürdenläufer Karsten Warholm ins Rennen. Und die Gastgeber glänzen mit dem 100-Meter-Olympiasieger Marcell Jacobs.
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