- Berlin
- Linke
Linke Berlin: Hakan Taş will zum BSW
Der Innenpolitiker verlässt die Partei die Linke
Hakan Taş ist aus der Linkspartei ausgetreten. Er saß für seine Fraktion im Abgeordnetenhaus und war der zeitweilige Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Integration und Soziales. Er wirft der Partei vor, sie habe den Draht zur Bevölkerung verloren. »Die überhebliche Kaderelite ruft nach jeder verkorksten Wahl dieselben Devisen aus«, so der 57-Jährige in einer Erklärung. Dem »RBB« sagte Taş er wolle zum Bündnis Sara Wagenknecht wechseln und bald einen Mitgliedsantrag stellen.
Der Austritt kommt kurz nach dem historisch schlechten Wahlergebnis der Linken bei den Europawahlen am Sonntag. Taş sagt, dass es auch nach dieser Wahlniederlage keine Konsequenzen für »die Kaderelite« geben werde. »Deshalb werde ich meine Kräfte und Gedanken in Zukunft auch nicht mehr für ein Projekt aufzehren, das von unbelehrbaren Berufsfunktionären und ihren Apparatschiks gegen die Wand gefahren wird.«
Taş übt heftige Kritik an der Partei: Anstatt die Probleme der Menschen zu lösen, würden ständig neue weltfremde Ideen diskutiert. »Und am Ende verwenden dieselben Verantwortlichen nach jedem Rückschlag dieselben Sprüche und erwarten bei der nächsten Wahl andere Ergebnisse.« Die Partei, so Taş, sei strukturell nicht mehr zu retten. Er kündigte aber an, sich »als Moderator, Autor und allem voran engagierter Brückenbauer« stärker als je zuvor für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen.
Taş war 2011 zum ersten Mal ins Abgeordnetenhaus gewählt worden. Als Migrant, profilierter Innenpolitiker, und da er sich offen zu seiner Homosexualität bekannte, wurde er schnell zur Zielscheibe von Rechtsradikalen sowie Islamisten und stand deswegen zeitweise unter Polizeischutz. 2013 wurden an seiner Wohnung SS-Runen und Todesdrohungen angebracht. Auch seine Autoreifen wurden wiederholt aufgeschlitzt. Als er im Dezember 2017 am Kottbusser Tor aus seinem Auto ausstieg, wurde er nach eigenen Angaben von einem türkischen Rechtsextremisten mit einem Metallgegenstand gegen den Kopf geschlagen.
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.
Seine politische Karriere bekam nach einem Skandal um eine Alkoholfahrt einen herben Dämpfer. Im Dezember 2018 streifte er betrunken mit seinem Auto eine Laterne. Danach ließ er seine politischen Ämter ruhen. Im August 2019 wurde seine Immunität aufgehoben, einen folgenden Strafbefehl akzeptierte er. 2021 verpasste Taş den Einzug ins Abgeordnetenhaus.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!