- Politik
- Leipzig
Mordvorwurf nach Brandsätzen auf Polizisten
Schwerwiegende Anklage gegen 25-Jährigen wegen »Tag X« in Leipzig
Ein Jahr nach den Ausschreitungen am »Tag X« in Leipzig hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen 25-Jährigen erhoben. Ihm werden unter anderem versuchter Mord in zwei Fällen sowie gefährliche Körperverletzung in 18 Fällen vorgeworfen, teilte die Justizbehörde am Montag mit. Er soll bei den Protesten am 3. Juni 2023 anlässlich der Urteilsverkündung des sogenannten Antifa-Ost-Prozesses in Leipzig zwei Brandsätze sowie Steine und Pyrotechnik auf Polizisten geworfen haben.
Auch auf der linken Internetplattform »Indymedia« findet sich ein Bericht über die Anklage. Der Beschuldigte wird dort »Benni« genannt; ihm werden demnach zwei weitere, nicht näher beschriebene Delikte vorgeworfen.
Kein Polizist kam durch die Brandsätze zu Schaden. Bei dem Wurf habe »Benni« nach Einschätzung der Ermittler aber zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Beamten getötet werden könnten, so die Staatsanwaltschaft.
Während der Ausschreitungen wurden laut Staatsanwaltschaft aber 18 Polizisten durch Steine und Böller verletzt, die aus einer Menschenmenge heraus geworfen worden waren. Diese Verletzungen würden nun auch dem 25-Jährigen zur Last gelegt, da er gemeinschaftlich mit anderen gehandelt habe. Es komme nicht darauf an, ob konkret seine Würfe ursächlich waren, so die Argumentation der Justiz.
Nach Vorlage der Anklageschrift soll nun das Landgericht Leipzig dazu verhandeln. Zunächst müssen die Richter jedoch über die Zulassung der Anklage entscheiden. Der junge Mann hatte sich im Januar 2024 selbst den Behörden gestellt und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.
Die Tat anlässlich des »Tages X« in Leipzig wird auch im heute vorgestellten Verfassungsschutzbericht für 2023 in einem eigenen Absatz erwähnt. Demnach hätten Demonstrationsteilnehmende »im nahen zeitlichen Zusammenhang« an zwei Orten jeweils einen Brandsatz gezielt in Richtung der Polizei geworfen. In einem Fall hätten dabei zwei Beamte »kurzzeitig bis hüfthoch in Flammen« gestanden. Im anderen Fall sei »eine mindestens zwei Meter hohe Stichflamme« entstanden.
Beide Fälle wertet die Staatsanwaltschaft als versuchte Tötungen »gewaltbereiter Linksextremisten«. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) nannte sie am Dienstag einen Beleg, dass die linke Szene den möglichen Tod ihrer Opfer in Kauf nähmen. Der Bericht auf »Indymedia« weist eine solche Darstellung zurück. Das Töten von Menschen gehöre »nicht zur Agenda der linken Bewegung in Deutschland«, heißt es darin.
Der »Tag X« war eine Reaktion auf die Verurteilung der Studentin Lina E. wegen Angriffen auf Neonazis. Rund um den 3. Juni 2023 hatte es dazu in Leipzig verschiedene Demonstrationen gegeben. Insgesamt ermitteln die Behörden dazu gegen 1321 Personen, darunter mehr als 100 Minderjährige.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.