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»Gruppe Reuß« - Neigung zum Ungehorsam
Dritter Prozess gegen Umsturzplaner um Prinz Reuß startet, in Frankfurt läuft der zweite weiter
Man kann nicht sagen, dass es Maximilian Eder an Selbstbewusstsein mangelt. So verhuscht der ehemalige Oberst mit seiner schmächtigen Figur und dem langen grauen Haupthaar wirken mag: Als der 65-Jährige am Dienstag im Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main das Wort ergreift, tut er das mit der Haltung eines Mannes, der daran gewöhnt ist, dass man ihm zuhört. Und der eine Mission hat: Eder will der Welt – oder jedenfalls den Anwesenden im Saal – erklären, was für ein toller Hecht er immer schon war.
Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ist Eder ein Terrorist und Hochverräter: Bei der mutmaßlichen »Reichsbürger«-Verschwörung um den Frankfurter Immobilienunternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß soll er eine treibende Kraft gewesen sein. Laut Anklage blies er bereits im Juli 2021, da war der heute als Rädelsführer angeklagte Reuß noch gar nicht mit im Boot, zum bewaffneten Angriff auf den Bundestag.
Die Anklage ist überzeugt, dass Eder das Reichstagsgebäude ausgekundschaftet und versucht hat, Soldaten für den Putsch anzuwerben, dass er Feindeslisten verbreitet und eine »Absetzungserklärung« für die Bundesregierung formuliert hat.
Seit vier Wochen steht Eder deshalb zusammen mit acht Männern und Frauen aus der Führungsspitze der »Patriotischen Union«, darunter Prinz Reuß und die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann, vor Gericht. Am neunten Verhandlungstag spricht er nun zum ersten Mal selbst. Um geradezurücken, was bei Wikipedia an Falschem über ihn stehe, wie er sagt. Und um zu vermitteln, was seine »soldatischen Werte« seien.
Der Mann, der so stolz auf seine oberbayerische Herkunft ist, dass er seinen Dialekt nicht einmal ansatzweise zu unterdrücken versucht, tut das vor allem, indem er seine steile Bundeswehrkarriere nacherzählt. Von der Gebirgstruppe im bayerischen Mittenwald über Auslandseinsätze im Kosovo und in Afghanistan führte sie ihn bis ins Nato-Hauptquartier in Brüssel. Und wenn man ihm glaubt, dann war er immer einer der Besten. Ob beim Pädagogikstudium an der Bundeswehr-Universität in München, das er mit einer Note von 1,4 abgeschlossen habe, oder bei sportlichen Wettkämpfen: »Ich habe alles gewonnen, was es zu gewinnen gab.«
Zum Anklagevorwurf soll sich Eder zunächst noch nicht äußern. Doch an manchen Stellen scheint er bereits vorbauen zu wollen. Er habe seine Männer immer »mit Mitmenschlichkeit und Humanität« geführt, sagt er – und dabei auch schon mal gegen das Gesetz verstoßen. »Mit guten Gründen!«
Schon als Offiziersanwärter habe er ein Referat über einen berühmten Satz des preußischen Generals Helmuth von Moltke gehalten: »Gehorsam ist Prinzip, aber der Mann steht über dem Prinzip.« Und so gelernt, dass es »universelle ethische Werte« gibt. Laut Anklage sah sich Eder bei seinen Umsturzvorbereitungen im Kampf gegen eine geheime Elite, die Deutschland beherrsche und in unterirdischen Gängen Kinder foltere. Ein Jünger des antisemitischen QAnon-Verschwörungsglaubens.
Das Verfahren gegen die »Patriotische Union« wird in drei Prozessen mit insgesamt 26 Angeklagten geführt. Das erste startete Ende April am OLG Stuttgart, das zweite am 21. Mai in Frankfurt. Das dritte hat am OLG München begonnen. Hier sind acht Männer und Frauen angeklagt. Darunter sind eine Neurochirurgin aus Niedersachsen und ein Rechtsanwalt aus Hannover, die in der als »Rat« bezeichneten Übergangsregierung der Verschwörer*innen für die Ressorts »Gesundheit« und »Außen« zuständig gewesen sein sollen.
Ein ehemaliger AfD-Kommunalpolitiker aus Sachsen soll sich um die Beschaffung von Waffen bemüht haben. Ein Angeklagter soll innerhalb des »militärischen Arms« für die Waffenbeschaffung zuständig gewesen sein und Mitglieder für den geplanten Angriff auf den Bundestag ausgerüstet haben. Ein anderer hatte laut Bundesanwaltschaft die Leitung des Organisationsbereichs »Menschenwesen« inne und sollte nach einem Umsturz die Militärgerichtsbarkeit übernehmen.
Aber auch zwei Beauftragte für Übersinnliches gab es: Thomas T., ein ehemaliger Rocker aus Franken, galt den Putschisten als »Seher«. Zusammen mit der hessischen Astrologin Ruth L., die auch als eine Art Esoterik-Beraterin für AfD-Politikerin Malsack-Winkemann im Bundestag gearbeitet hat, soll er für »Transkommunikation« zuständig gewesen sein – und potenzielle Neumitglieder energetisch und spirituell überprüft haben.
Schon als Offiziersanwärter, sagt Eder, habe er es mit dem Motto des preußischen Generals Helmuth von Moltke gehalten: »Gehorsam ist Prinzip, aber der Mann steht über dem Prinzip.«
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