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Abschiebungen: Alltägliche Unmenschlichkeit
Marten Brehmer kommentiert die aktuellen Abschiebezahlen des Senats
Remigration made in Berlin: 449 Menschen wurden im laufenden Jahr in Berlin abgeschoben. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Marc Vallendar hervor. Die Zahl an sich ist sicherlich irrelevant. Vermutlich wird Vallendar sie für Hetze nutzen, wie auch in der vergangenen Woche, als er im Plenum des Abgeordnetenhauses »Deutschland den Deutschen« forderte.
Der Blick auf bloße Zahlen verschleiert, dass hinter jeder Abschiebung ein Schicksal steht. Zumeist ein schweres: Allein 123 Menschen wurden in die Republik Moldau abgeschoben, ein Land, in dem laut Amnesty International »Folter und andere Misshandlungen« begangen werden. Insbesondere die Minderheit der Roma und Sinti ist dort massiver Diskriminierung ausgesetzt. Der Zugang zum Gesundheits- und Bildungssystem wird ihr systematisch verweigert, gewaltsame Übergriffe sind omnipräsent, so ein UN-Bericht.
Für die deutsche Bürokratie hat das wenig Bedeutung. Im Zuge der allgemeinen Abschottungshysterie erklärte der Bundestag Moldau im vergangenen Jahr zum »sicheren Herkunftsland«. Für die Schreibtischtäter in den Behörden ist es seitdem ein Leichtes, dorthin abzuschieben. Weitere 18 Menschen schob das Land Berlin in die Türkei ab, wo der islamistische Despot Recep Tayyip Erdoğan einen Angriffskrieg gegen die kurdische Minderheit im eigenen Land führt. Sieben Menschen wurden nach Afghanistan, in die Hände des Terrorregimes der Taliban, abgeschoben – obwohl das eigentlich verboten ist.
Protest gegen diese Zustände ist inzwischen leise geworden. Offenbar braucht es gar nicht die AfD in der Regierung, damit Unmenschlichkeit Alltag wird.
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