Heimstaden: Vermieter beauftragt Inkassounternehmen

Skandalvermieter setzt Mieter mit Mahnschreiben unter Druck

Widerstand auf vier Pfoten – »Go away Heimstaden«
Widerstand auf vier Pfoten – »Go away Heimstaden«

Es kehrt keine Ruhe ein für Mieter*innen des schwedischen Immobilienriesen Heimstaden. In einem offenen Brief machten vergangene Woche unter anderem die Mieter*innenvernetzung Stop Heimstaden Berlin und der Berliner Mieterverein, zusammen mit Hamburger Mieter*innenorganisationen, auf eine neue Volte des Skandalvermieters aufmerksam. Der Dienstleister Creditreform hat im Namen von Heimstaden Inkassobriefe an Mieter*innen versandt. Zum RBB sagte Heimstaden-Sprecher Michael Lippitsch, dass deutschlandweit an die 3000 solcher Mahnschreiben an Mieter*innen verschickt wurden. Heimstaden hat 20 000 Wohnungen in Berlin.

Dabei geht es allerdings nicht nur um säumige Mieten. Stop Heimstaden Berlin berichtet »nd« von Mahnschreiben für strittige Forderungen. So hätten sich Mieter*innen mit Mahnungen an Stop Heimstaden gewandt, die für Nachforderungen aus zu spät eingegangenen Nebenkostenabrechnungen ausgestellt wurden. Für das Abrechnungsjahr 2022 hätten die Nebenkostenabrechnungen bis spätestens 2. Januar 2024 vorliegen müssen. Teilweise kamen diese aber Wochen und Monate später an. Eventuelle Nachzahlungsansprüche sind somit verfallen. Trotzdem hat Heimstaden Mahnschreiben verschickt.

Auch für Nebenkostenabrechnungen, gegen die Mieter*innen Widerspruch eingelegt haben, seien Mahnungen verschickt worden, so Stop Heimstaden. Teilweise hätten Mieter*innen eine Beleg-Einsicht gefordert, weil sie die Abrechnungen für fehlerhaft halten. Gründe seien unter anderem nicht nachvollziehbare Posten, wie etwa Kosten für nicht vorhandene Grünflächen, oder aber auch, dass Heimstaden Kaltwasserkosten nach der Wohnfläche berechnet habe, trotz vorhandener Wasserzähler.

»Man kann doch nicht auf einen Widerspruch mit einem Inkassobrief reagieren«, sagt Katja, Sprecherin von Stop Heimstaden dazu zu »nd«. »Wir haben den Eindruck, dass es Heimstaden egal ist, woher das angebliche Minus auf dem Mietkonto kommt.«

Heimstaden selbst teilt »nd« mit, dass der Versand von Mahnschreiben in einer Kombination aus manueller Arbeit und automatisierten Prozessen ablaufe. Man habe in wenigen Fällen die Nebenkostenabrechnungen verspätet zugestellt. »In diesen Fällen hätten wir Betriebskostennachzahlungen nicht anmahnen dürfen, weder selbst noch durch einen externen Dienstleister«, so Heimstaden weiter. Man habe den Fehler erkannt und angefangen die betroffenen Mieter*innen zu informieren. Dass diese Mahnschreiben verschickt wurden, sei auf menschliche Fehler zurückzuführen. Auf die Fälle von Widersprüchen gegen Nebenkostenabrechnungen und Mietminderungen ging Heimstaden in seiner Antwort nicht ein.

Im eingangs erwähnten offenen Brief fordern die unterzeichnenden Organisationen Heimstaden auf, dieses Vorgehen unverzüglich zu beenden. Strittige Forderungen seien im Rahmen der Sachbearbeitung zu klären und Forderungen nur durch Heimstaden und nur dann anzumahnen, wenn diese auch tatsächlich berechtigt seien. »Die Strategie des Unternehmens liegt für uns auf der Hand: Mietende sollen verunsichert werden, strittige Forderungen sollen ohne großen Aufwand für die Vermieterseite beigetrieben werden«, so der offene Brief.

Die Mieter*innenorganisationen kritisieren darüber hinaus grundsätzlich den Einsatz eines Inkassounternehmens. Dies widerspreche den üblichen Gepflogenheiten vertraglich miteinander verbundener Parteien. »Mit der Beauftragung eines Inkasso-Unternehmens für den Einzug auch unberechtigter Forderungen setzt Heimstaden seinen verunsichernden und einschüchternden Kurs fort«, erkärt Wibke Werner, Geschäftsführerin der Berliner Mietervereins.

Auch wenn die Mieter*innenorganisationen das Vorgehen von Heimstaden als Einschüchterung bezeichnen, raten sie betroffenen Mieter*innen vor allem, die Ruhe zu bewahren und zu prüfen, ob eine Forderung berechtigt ist. »Inkassounternehmen sind keine Schlägertrupps!«, heißt es in einem Leitfaden für betroffene Mieter*innen. Diese würden die Angst ausnutzen, die Menschen bekämen, wenn sie das Wort Inkasso hören, so weiter im Leitfaden, hätten aber auch keine anderen Möglichkeiten als normale Gläubiger, eine Forderung einzutreiben. Einschüchternd ist das Vorgehen trotzdem allemal. Die Aussicht, womöglich die Wohnung zu verlieren oder einen negativen Schufa-Eintrag zu bekommen, dürfte viele Mieter*innen schockiert haben.

Vor allem aber bedeuten die Inkassobriefe bürokratischen Aufwand für betroffene Mieter*innen. Aufwand, der für Heimstaden-Mieter*innen sowieso schon groß ist. »Heimstaden macht ständig Fehler und beansprucht dadurch unverschämt viel Zeit von uns Mieter*innen, diese fehlerhaften und ungültigen Forderungen abzuwehren«, erklärt Stop Heimstaden. Gleichzeitig verschleppe das Wohnungsunternehmen regelmäßig die Auszahlung von Kautionen, Mietminderungen und Rückzahlungen, so die Mieter*innenvernetzung weiter. »Und nun sollen wir uns neben Heimstaden auch noch mit Creditrefom rumschlagen. Es reicht! Wir erwarten, dass die Politik endlich handelt und uns Heimstaden vom Hals hält.«

»Man kann doch nicht aufeinen Widerspruch mit einemInkassobrief reagieren.«

Katja Stop Heimstaden
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