AfD-Politikerin will keine Terroristin sein

Im Frankfurter Reichsbürger-Prozess hat Birgit Malsack-Winkemann ihre Unschuld beteuert

  • Joachim F. Tornau
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Angeklagte Birgit Malsack-Winkemann hat nach eigenen Angaben eine Räumungsklage gegen Hausbesetzerinnen in der Rigaer Straße in Friedrichshain abgewiesen und meint dies als Beleg für ihre Unschuld.
Die Angeklagte Birgit Malsack-Winkemann hat nach eigenen Angaben eine Räumungsklage gegen Hausbesetzerinnen in der Rigaer Straße in Friedrichshain abgewiesen und meint dies als Beleg für ihre Unschuld.

Eigentlich sollte Birgit Malsack-Winkemann nur über sich und ihr Leben sprechen. Doch ein paar empörte Sätze zum Anklagevorwurf wollte sich die AfD-Politikerin dann doch nicht verkneifen. Und auch sonst sparte die 59-Jährige nicht an giftigen Bemerkungen in Richtung der Bundesanwaltschaft, die sie wegen des Vorwurfs des Rechtsterrorismus und des Hochverrats angeklagt hatte.

Die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Rechtsaußenpartei soll als Mitglied der mutmaßlichen Reichsbürger-Verschwörung um Heinrich XIII. Prinz Reuß den gewaltsamen Umsturz in Deutschland vorbereitet haben. Zusammen mit acht weiteren Männern und Frauen muss sie sich seit Mai vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt verantworten.

Als sie am Donnerstag zum ersten Mal selbst das Wort ergriff, tat sie das mit demonstrativer Verständnislosigkeit. »Es ist überhaupt nicht das geplant worden, was uns hier vorgeworfen wird«, sagte Malsack-Winkemann. »Uns wird hier unterstellt, wir seien in der Nachfolge der RAF, wenn auch auf der anderen politischen Seite. Dabei ist das nicht ansatzweise vergleichbar.« Als »Zeitzeugin«, wie sie mehrfach betonte, des Terrors der Roten Armee Fraktion (RAF) in den 70er Jahren wisse sie das schließlich ganz genau.

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Es war eine Botschaft, wie sie so ähnlich auch schon andere der Angeklagten mit ihren Einlassungen zur Person vermitteln wollten: Jemand wie ich, mit meinem Lebensweg und meinen Erfahrungen, kann doch keine Terroristin sein! Die Bundesanwaltschaft aber wirft der promovierten Juristin, die als Richterin in Berlin arbeitete und von 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag saß, eben das vor. Unter anderem soll sie Mitverschwörern das Ausspähen des Bundestags ermöglicht haben, für einen geplanten bewaffneten Überfall. Und im Kabinett der Putschregierung, genannt »Rat«, hatte Malsack-Winkemann laut Anklage das Justizressort übernommen.

Ihre Doktorarbeit, dozierte die Angeklagte, habe sie über einen liberalen Strafprozessreformer des 19. Jahrhunderts geschrieben, dem insbesondere die politische Weisungsabhängigkeit der Staatsanwaltschaft ein Dorn im Auge gewesen sei: »Wenn man das vorliegende Verfahren betrachtet: hochaktuell.« Sie selbst dagegen habe ihre politischen Ansichten immer streng von ihrer Arbeit am Berliner Landgericht getrennt. Einmal habe sie sogar eine Räumungsklage gegen die linken Hausbesetzer*innen in der Rigaer Straße in Friedrichshain abgewiesen. Ihre Kolleg*innen in der Berliner Justiz hätten deshalb nicht einmal geahnt, dass sie AfD-Mitglied war.

»Für mich gehört Politik nicht in die Justiz«, betonte Malsack-Winkemann – und konnte unausgesprochen lassen, was sie damit wohl vor allem sagen wollte: dass der Prozess gegen sie und die insgesamt 25 Mitangeklagten, die, aufgeteilt in drei Verfahren, derzeit in Frankfurt, Stuttgart und München vor Gericht stehen, ein rein politischer sei. Und genauso wenig zu rechtfertigen wie der Versuch der damaligen Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linke), sie nach dem Ende ihrer Abgeordnetenzeit nicht weiter als Richterin arbeiten zu lassen. »In der Justiz selbst hat man sich gefreut, dass ich zurückkommen sollte.«

Das Richterdienstgericht des Landes Berlin hatte Malsack-Winkemann im Oktober 2022 Recht gegeben. Keine zwei Monate später wurde sie als mutmaßliche Rechtsterroristin verhaftet. Seitdem ist sie vom Dienst suspendiert, vorläufig und bei vollen Bezügen. »Ich kann sagen«, sagte die Angeklagte, »dass ich finanziell in geordneten Verhältnissen bin.«

Bereits am Dienstag hatte die Mitangeklagte Johanna Findeisen-Juskowiak, bis zu ihrer Verhaftung Landesvorsitzende der Corona-Leugner*innen-Partei Die Basis in Baden-Württemberg, sich zu ihrer Person geäußert. Als Spross einer »Waldorfdynastie« schilderte sich die 53-Jährige, tierlieb, naturverbunden, immer positiv denkend. Eine begeisterte Seglerin, Cellistin und Tango-Tänzerin, die sich ehrenamtlich für Geflüchtete engagiere und mit einem Mann aus Westafrika verlobt sei. Ihr Anwalt, der Basis-Politiker und Juraprofessor Martin Schwab, bilanzierte danach: »Diese friedliebende Frau ist keine Terroristin.« Wenn es denn so einfach wäre.

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