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»Schule satt«: Politischer Druck für kostenlose Schulspeisung
Die Volksinitiative für ein Mittagessen für jeden Grundschüler hat bislang 16 000 Unterschriften gesammelt
Wenige Tage vor den Sommerferien will Brandenburgs Linke bei einem für sie wichtigen Thema noch einmal Dampf machen. Vor einem halben Jahr hatte die Partei gemeinsam mit Partnern wie der Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Volksinitiative »Schule satt« gestartet. Die Initiative fordert, in Brandenburg ein grundsätzlich kostenloses Mittagessen für alle Schüler von der 1. bis zur 6. Klasse anzubieten. Im Rahmen einer Aktionswoche soll noch einmal darauf aufmerksam gemacht und um Unterschriften für die Volksinitiative geworben werden. Dies geschieht bezeichnenderweise in einer Zeit, in der selbst der bisherige Zuschuss für das Schulessen infrage gestellt wird.
Gekochten Fisch und Salzkartoffeln gab es am Donnerstag in der AWO-Grundschule in Potsdam-Golm, und den Kindern mundete es. Derzeit ist für ihre Eltern der Beitrag zum täglichen Schulessen auf 3,80 Euro begrenzt. Ein Zuschuss der Stadt für alle Schulen in ihrem Einzugsbereich machte dies möglich. Nun aber kommen verstörende Nachrichten aus dem Rathaus: Die erforderlichen 1,8 Millionen Euro für diese sozialpolitische Maßnahme sind für das kommenden Schuljahr nicht mehr zugesagt, erklärte Franziska Löffler vom AWO-Büro Kinderarmut. Löffler zufolge müssen dann die Eltern von Kindern, die keine sonstige staatliche Unterstützung bekommen, wieder zwischen fünf und sechs Euro pro Mittagessen entrichten. Das trifft ihr zufolge vor allem die »Mittelschichten«, die über ein Einkommen verfügen, das ihren Kinder die kostenlose Essensteilnahme derzeit nicht gestattet.
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Rund 120 Schüler lernen an der Grundschule in Golm, ein Viertel von ihnen hat den Antrag auf Bildung und Teilhabe bewilligt bekommen, was für sie die kostenlose Essensausgabe sichert. Sie sind laut AWO-Bezirkschefin Angela Schweers auch diejenigen, die vom Schulgeld dieser nicht öffentlich betriebenen Schule befreit sind. Die derzeitige Lage sichert Schweers zufolge ab, dass alle Kinder am Schulessen teilnehmen. Das Lernen koste Energie und die müsse dem kindlichen Körper wieder zugefügt werden, sagt Schweers. »Seit 2008 verfolgen wir dieses Ziel.« Würden die Elternbeiträge wieder drastisch steigen, wäre das nicht mehr gesichert. Vor allem aber würden Schulen in ärmeren Stadtteilen ins Hintertreffen geraten und dort eine »dramatische Lage« entstehen, erklärte Schweers. »Wir kämpfen vor allem auch für sie.«
Die AWO-Bezirkschefin schätzte, dass allein in Potsdam etwa 3000 Kinder Anspruch auf ein kostenloses Essen haben. Es gebe aber einen Rückstau bei der Antragsbearbeitung. Das Abmelden vieler Kinder von der Schulbeköstigung sei die Folge. Schon heute gebe es Schulen, bei denen so wenige Schüler das Schulessen einnehmen, dass sich für Caterer die Belieferung mit Essensportionen nicht mehr lohnt.
Die Volksinitiative »Schule satt« tritt dafür ein, dass wie in Berlin alle Schüler die kostenlose Schulspeisung erhalten, wie der Linke-Landesvorsitzende Sebastian Walter erinnerte. »In Sonntagsreden« würden sich Politiker anderer Parteien ebenfalls dazu bekennen, in der politischen Praxis aber gebe es keine Schritte dorthin. Er sprach von einer »Doppelmoral«. Walter machte darauf aufmerksam, dass die Bundesregierung das Kindergeld um den lächerlichen Betrag von fünf Euro erhöht habe, während die Diätenerhöhung für die Bundestagsabgeordneten »mehrere hundert Euro« umfasse.
Rund 100 Millionen Euro jährlich würde es kosten, das Schulessen in Brandenburg grundsätzlich kostenfrei zu stellen, erläuterte Sebastian Walter. Rund 16 000 Unterschriften für die Volksinitiative seien schon beisammen, mindestens 20 000 gültige Unterschriften werden gebraucht. Auch Kinder haben unterschrieben, gleichwohl sie nicht stimmberechtigt seien und nicht gezählt werden dürfen, sagte Katharina Slanina von der Volkssolidarität. Ihre Wohlfahrtsorganisation beteiligt sich so wie zum Beispiel auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft an der Volksinitiative.
In der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung haben indes vier Fraktionen beantragt, zumindest den Zuschuss weiter zu zahlen. Er hat relativ gute Aussichten, eine Mehrheit zu finden.
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