Mit Vorsicht zu genießen

Jana Frielinghaus zum Verbot des »Compact«-Magazins

Auf Provokationen samt mindestens indirekten Aufrufen auch zu Gewalt gegen »Fremde« verstehen sich die Macher von »Compact«. Das Verbot von Dienstag nimmt ihnen zumindest vorläufig eine starke Präsenz an Kiosken und auf Youtube.
Auf Provokationen samt mindestens indirekten Aufrufen auch zu Gewalt gegen »Fremde« verstehen sich die Macher von »Compact«. Das Verbot von Dienstag nimmt ihnen zumindest vorläufig eine starke Präsenz an Kiosken und auf Youtube.

Vollkommen klar: »Compact« ist ein gefährliches Hetzblatt. Weil es zwischen Information und Einordnungen in rechte Verschwörungserzählungen und völkische Ideologien oszilliert. Insofern fühlt man erst einmal Genugtuung ob des Verbots, das offenbar auch für den Chefredakteur und Gründer des Monatsmagazins überraschend kam. Denn dieser Jürgen Elsässer ist einer der cleversten Agitatoren und Demagogen jener Szene, die offen neofaschistische Mörderbanden wie den NSU als Widerstandskämpfer glorifiziert.

Ob die Aktion tatsächlich ein »harter Schlag gegen die rechtsextremistische Szene« war, wie Bundesinnenministerin Faeser sie nannte, ist indes offen. Zwar verlieren die Propagandisten der »neuen Rechten« ein reichweitenstarkes Medium. Aber: Es gibt weitere, die nur etwas moderater daherkommen. Außerdem wird Elsässer weiter auf Kundgebungen der extremen Rechten seine Aufrufe verbreiten, sich mit allen Mitteln gegen die »Umvolkung« zu wehren. Und natürlich wird er im Hintergrund weiter Fäden ziehen und an der internationalen Einheitsfront von Rechtsradikalen und Nationalisten arbeiten.

Sein Einfluss ist kaum zu unterschätzen, auch weil er politische Ziele griffig formulieren kann. Und die sind teils deckungsgleich mit jenen der »Systemparteien«, die die Rechte zu bekämpfen vorgibt. In Wahrheit treibt sie sie vor sich her, und sie machen willig mit. Was insbesondere der AfD nützt. Sie kann sagen: Der Druck wirkt. Zugleich können sich AfD und Co. dank des »Compact«-Verbots noch wirkungsvoller als unbeugsame Verfolgte inszenieren. Das wie auch die Möglichkeit, dass Elsässer vor Gericht erfolgreich dagegen vorgeht, könnte das Verbot bald zum Pyrrhussieg machen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.