- Berlin
- Verkehrspolitik
Uber und Co: Kriminelle Netzwerke bei Mietwagenunternehmen
Mietwagenunternehmen werden ins Ausland verkauft und so Steuerprüfungen und Strafermittlungen erschwert
Je mehr bekannt wird über Mietwagenfirmen, die für die Fahrdienstleister Uber, Bolt und Freenow tätig sind, desto mehr zeigt sich, dass kriminelle Machenschaften in der Branche gang und gäbe sind. Wie Recherchen des Senders RBB ergeben haben, werden dort vermutlich systematisch Steuern und Sozialabgaben hinterzogen.
Mindestens 61 Unternehmen sollen ein System von »Firmenbestattungen« genutzt haben. Firmen sollen von derselben Notarin angemeldet und nach zwei bis drei Jahren abgemeldet und nach Bulgarien verkauft worden sein. Laut RBB sollen die Firmen um die 1300 Autos im Einsatz gehabt haben – gut ein Viertel aller vorhandenen Mietwagen. In der Regel werden neu gegründete Unternehmen erst nach 18 bis 24 Monaten von Steuerprüfern unter die Lupe genommen. Werden sie vorher ins Ausland verkauft, haben die Finanzämter kaum eine Handhabe.
Auch Strafermittlungen gestalten sich schwierig, da mit dem Verkauf ins Ausland Geschäftsunterlagen, Kassenbücher und Überweisungsbelege zu den neuen Eigentümer*innen wandern. Die betreffenden Firmen haben den Recherchen zufolge nicht nur unglaubwürdig niedrige Umsätze angegeben, sondern auch kaum Personalkosten. Es wurden also vermutlich nicht nur Steuern hinterzogen, sondern auch Sozialabgaben nicht gezahlt.
Eine Sprecherin der Senatsverkehrsverwaltung teilt »nd« mit, dass das Problem mit den Mietwagenfirmen bekannt sei. Insofern hätten die Rechercheergebnisse nicht überrascht. Es seien bereits 1600 illegale Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen worden und es gebe eine Arbeitsgruppe in der Verwaltung, die sich nur mit diesem Thema beschäftige. In dem Moment, in dem bekannt sei, dass Steuern hinterzogen werden, könne man die Genehmigung entziehen. Allerdings könne man aus rechtsstaatlichen Erwägungen nicht einfach auf Verdacht handeln. Gemeldete Mietwagenfirmen würden von den Plattformen gesperrt und es gebe eine Vereinbarung, dass Firmen nur unter bestimmten Voraussetzungen für die Plattformen fahren dürften.
»Wir haben es hier mit einem kriminellen Netzwerk zu tun«, sagt der SPD-Abgeordnete Tino Schopf. Ihn störe am meisten, dass alle betroffenen 1300 Fahrzeuge eine Genehmigung vom zuständigen Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo) hatten. Schopf hatte bereits 2023 Akteneinsicht genommen. Dabei war herausgekommen, dass viele Unternehmen niemals eine Genehmigung hätten erhalten dürfen.
Dass es mittlerweile eine hochkarätig besetzte Arbeitsgruppe gebe, sei richtig und das erkenne er auch an, sagt Schopf. »Man muss dann aber auch das Richtige tun. Alles steht und fällt mit der Qualität der Antragsbearbeitung.« Da müsse man viel genauer hinschauen und vor allem die rechtlichen Standards einhalten. Da in der Vergangenheit so große Fehler passiert seien fordert Schopf eine personelle, fachliche und konzeptionelle Erneuerung bei der Behörde. »Die Senatsverwaltung und auch das Labo müssen sich die Frage gefallen lassen, warum man das so lange schleifen lassen hat.«
Da in der Vergangenheit so große Fehler passiert seien, fordert Schopf eine personelle, fachliche und konzeptionelle Erneuerung bei der Behörde. Von den Machenschaften der Unternehmen seien ja auch die Berliner Steuerzahler betroffen, merkt Schopf an. »Und das alles, weil eine Behörde viele Jahre geschlampt hat. Was muss noch alles passieren, damit die zuständige Senatsverwaltung endlich handelt? Mit einem Flickenteppich an Maßnahmen wird es jedenfalls nicht gelingen diesen kriminellen Sumpf trockenzulegen!«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.