- Politik
- Donald Trump
US-Republikaner: »Win! Win! Win!«
Auf dem republikanischen Parteikonvent präsentiert sich Donald Trump als rechtsradikaler Erlöser
Eigentlich solle er heute Abend nicht hier sein, schloss Trump die Schilderung des Attentatsversuchs auf ihn und fügte hinzu: »Ich stehe hier nur wegen der Gnade des Allmächtigen«. Nicht wenige Parteitagsdelegierten hatten Tränen in den Augen, viele waren ins Gebet versunken. Es war das erste Mal, dass Trump auf einer öffentlichen Bühne sprach, sein rechtes Ohr mit einem weißen Wickel überklebt. Die Rede, mit der er formal seine Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner annahm, war der unangefochtene Höhepunkt der »Convention«.
Schon am ersten Tag war der Medienprofi unangekündigt in den Saal eingezogen, als inszenierte »Überraschung« zur besten Sendezeit kurz vor 20 Uhr. Unter dem frenetischen Jubel des Publikums ließ er sich dann auf der Ehrenloge gegenüber der Bühne nieder. Das Schauspiel wiederholte sich an den darauf folgenden Tagen zur selben Zeit, mit einer Ausnahme: Wirkte Trump am Eröffnungstag, zwei Tage nach dem Attentatsversuch, noch beklommen und bewegt – er hatte Tränen in den Augen –, so war er ab dem zweiten Tag schon wieder ganz der Alte. Mit Familienmitgliedern und enge Vertrauten, darunter der frisch gekürte Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance und der rechtsextreme TV-Moderator Tucker Carlson, an seiner Seite folgte Trump den Reden.
Die Wahlen am 5. November 2024 sind für die US-Bürger wie auch den Rest der Welt eine der wichtigsten Richtungsentscheidungen dieser Zeit. »nd« berichtet über die Stimmung und Probleme im Land, über Kandidaten und ihre Visionen. Alle Texte zur US-Wahl finden Sie hier.
Da die großen Nachrichtensender den Parteitag in den Abendstunden live übertrugen, profitierte Trump vier Tage lang von Gratis-Werbung. Der rechte Sender Fox News zeigte Trump stundenlang im Split-Screen, als wundersam dem Tod entkommener Kämpfer und Erlöser.
Von »nationaler Versöhnung« und »Einigkeit« werde er sprechen, hatte Trump einen Tag nach dem Attentat versprochen. Und tatsächlich gab er sich zunächst versöhnlich. Er wolle »eine Vision für alle Amerikaner aufzeigen«, las er vom Teleprompter ab, »ich reiche euch meine Hand in Treue und Freundschaft. Zusammen werden wir Amerika zu neuen Höhen führen.«
Doch dann wich er im Verlauf seiner über eineinhalbstündigen Rede immer wieder vom Bildschirm ab und verfiel in die altgewohnten Tiraden – bizarr, unzusammenhängend und beleidigend. Die Strafverfahren gegen ihn seien eine »Hexenjagd« sowie »total fake«. Die längst pensionierte Ex-Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi bezeichnete er als »crazy«. Und mit der Bemerkung, die USA würden »von Mexiko her von einer Invasion« bedroht, war Trump offenbar bei seinem Hauptthema angelangt. Minutenlang hetzte er gegen Einwanderer ohne Dokumente, die vor allem Schwarze und Latinos vom Arbeitsmarkt verdrängen würden. Sie kämen »aus Gefängnissen und Irrenanstalten, um hier Verbrechen zu begehen«, behauptete Trump und bemühte den Vergleich mit Hannibal Lecter, dem grausamen Massenmörder aus dem Hollywood-Film »Das Schweigen der Lämmer«. Die versammelten Republikaner lachten zunächst, um dann, von ihren Sitzen aufgesprungen, zu skandieren: »Send them home, send them home« (Schickt sie heim) und »USA, USA«.
Weite Teile von Trumps Rede waren versetzt mit Bildern einer Nation, die sich wegen der Demokraten im Niedergang befinde. Den Namen Biden ließ der Republikaner dabei nur ein einziges Mal fallen. Zerstört worden sei das Land durch »diese schreckliche, schreckliche Regierung«. Doch Trump ließ keinen Zweifel daran, dass seine »Make-America-Great-Again«-Bewegung den »Amerikanischen Traum« verwirklichen werde. »Wir gewinnen sowieso«, feuerte er die Menge an. Dahinter verbarg sich nicht nur die Gewissheit eines Wahlsiegs am 5. November, sondern auch die Ankündigung, einen möglichen Wahlsieg der Demokraten auch diesmal nicht anzuerkennen. »Win! Win! Win!« antworteten die Republikaner-Delegierten aus dem ganzen Land ihrem Führer, die Fäuste in die Höhe gereckt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.