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Im Moor darf es wieder brennen
Sechs Jahre nach verheerendem Brand auf Bundeswehr-Gelände im Emsland heißt es: Feuer frei fürs Militär
Die ausgedörrte Sommerlandschaft verlangte im September 2018 eigentlich jegliches Vermeiden von offenem Feuer auf dem Areal WTD 91, einer Wehrtechnischen Dienststelle der Bundeswehr bei Meppen im Emsland. Denn die Brandgefahr war groß. Dennoch verschoss das Militär damals in dem Moorgebiet zu Testzwecken aus einem Kampfhubschrauber insgesamt 74 Raketen. Damit lösten die dafür Verantwortlichen einen Flächenbrand aus, der über Wochen nicht in den Griff zu bekommen war.
Zwar hielt die Bundeswehr auch damals für den Fall eines Brandes sogenannte Löschraupen bereit, doch ihr Einsatz scheiterte. Es waren allerdings nur zwei. Eine fiel während des Löschens aus, die zweite befand sich gerade in einer Werkstatt zur Reparatur. Ein Löschfahrzeug der Bundeswehr, wie es auch Feuerwehren benutzen, wurde angefordert. Doch auf der Fahrt zum Ort des Geschehens fiel es von einem Damm und wurde dabei so stark beschädigt, dass es nicht mehr zu gebrauchen war.
Schließlich wurden zivile Feuerwehren alarmiert. Diese und weitere Hilfsorganisationen – anfangs mit insgesamt 1700 Kräften – kämpften gemeinsam gegen die Flammen. Die Feuer hatten sich ausgedehnt und bedrohten mittlerweile zwei Dörfer – Stavern und Sögel – so sehr, dass die Bewohner mit ihrer Evakuierung rechnen mussten. Die Behörden riefen Katastrophenalarm aus. Große Angst machte sich breit; letztlich musste zum Glück niemand sein Haus verlassen. Doch zeitweilig war der Brandgeruch selbst im 240 Kilometer entfernten Hamburg wahrzunehmen.
Nicht nur bedroht, sondern dauerhaft vernichtet wurden große Teile des Ökosystems, Wollgras und Torfmoos beispielsweise. Denn der Brand hatte sich bis ins Naturschutzgebiet Tinner Dose-Sprakeler Heide ausgebreitet. Dort waren zeitweise bis zu 11 000 Helferinnen und Helfer im Einsatz, um es, so gut es ging, zu schützen. Die Feuer wüteten sechs Wochen lang.
Um solche Brände zu verhindern, wurde das betroffene Areal vom Bundesverteidigungsministerium bis auf Weiteres gesperrt. Doch ab dem 1. August wird der Übungsbetrieb der WTD 91 in vollem Umfang wieder aufgenommen, wie die Bundeswehr jetzt mitteilte. Nach umfangreichen Sicherungsmaßnahmen habe das Ministerium die Freigabe erteilt.
Es seien die notwendigen Konsequenzen aus der Erfahrung mit dem Großbrand gezogen worden, heißt es von der Truppe. So sei die Ausrüstung zur effektiven Bekämpfung großflächiger Feuer auf aktuellen Stand gebracht worden. Mehrere neue Löschfahrzeuge und Geräte wurden angeschafft, darunter vier Raupen sowie feuergeschützte Bagger, Bergepanzer und Aufklärungsdrohnen.
Darüber hinaus wurden laut Bundeswehr mehrere 20 Meter tiefe Löschbrunnen angelegt. Für den Brandschutz seien insgesamt 15 Millionen Euro ausgegeben worden, berichtet Frank Dosquet, Direktor der Wehrtechnischen Dienststelle. So verfüge der Standort nun über eine eigene Berufsfeuerwehr. Diese Truppe ist demnach um 100 Mann aufgestockt worden, sonst hätte das Ministerium keine Erlaubnis zum Schießen im Moor gegeben. Außerdem wird Dosquet zufolge vor jedem Test die Brandgefahr geprüft.
Der WTD-Direktor erklärte, angesichts der »aktuellen sicherheitspolitischen Weltlage« sei die nun erfolgte Freigabe »dringend notwendig«. Die Meppener Dienststelle sei das einzige Kompetenzzentrum der Bundeswehr für Waffen und Munition, ihre volle Einsatzbereitschaft daher von enormer Bedeutung.
Glaubt man dem Bürgermeister der vom Moorbrand vor sechs Jahren besonders betroffenen Gemeinde Stavern, Gerd Rode (Unabhängige Wählergemeinschaft), fühlen sich die meisten Anwohner mit dem neuen Brandschutzkonzept der Truppe gut. Einer von ihnen, Johannes Cordes, hat aber doch ein »mulmiges Gefühl«. Schließlich sei der Brand damals durch das Schießen entstanden, sagte er dem NDR.
»Komisch ist es schon. Durch das Schießen ist die Situation damals entstanden und jetzt dürfen sie wieder schießen. Da kommt das mulmige Gefühl wieder hoch.«
Johannes Cordes Anwohner
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