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Mehr Wasser ist nicht genug
Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) nimmt BUND-Seenreport entgegen
»Heimische Seen stark bedroht« und »Brandenburg schlecht vorbereitet auf Klimawandel«: Die Hiobsbotschaften fehlten nicht, als am Dienstag Vertreter des Umweltverbandes BUND ihren Seenreport an Umweltminister Axel Vogel (Grüne) übergaben. Nur – auch die 17 dabei untersuchten Seen weisen seit anderthalb Jahren eine deutliche Verbesserung ihres Zustandes auf.
»Das es eine Entspannung gibt, war abzusehen«, sagte BUND-Landesvorsitzender Carsten Preuß. Was er meinte, ist, dass es – nach vier oder fünf Dürrejahren – seit anderthalb Jahren in Brandenburg reichlich geregnet hat, was zu einer messbaren, deutlichen und nachhaltigen Verbesserung für die Natur geführt hat. Laut Preuß ist diese Verbesserung eine Tatsache, die aber nicht gleichmäßig auf das ganze Land verteilt sei. In den Urstromtälern, wie sie nach der letzten Eiszeit entstanden waren, habe sich wieder Grundwasser gebildet, zum Teil mehrere Dezimeter sind im Vergleich zu 2022 hinzugekommen. In den erhöhten Endmoränenbereichen jedoch überwiegt noch das Grundwasser-Defizit, wie es sich vor allem in der mehrjährigen Trockenheit seit 2017 aufgetan hat. Preuß nennt als Beispiel die »Teltower Platte«.
»Das Erste, was Regen wegspült, ist die Erinnerung an die Dürre«, sagt Jens Klocksin, Mitglied des BUND-Landesvorstands. Trotz der Regenmengen, wie sie in den vergangenen Monaten über Brandenburg niedergegangen seien, könne von Erholung keine Rede sein. Das Weltklima bewege sich weitgehend ungebremst auf die Kipppunkte zu, »die einen katastrophalen, nicht mehr zu beherrschenden Klimawandel auslösen werden«. Die Situation habe sich temporär zwar gebessert, die Intervalle, die nötig sind, um das Grundwasser wieder »aufzufüllen«, verlängern sich indessen ihm zufolge bedrohlich.
»Das Erste, was Regen wegspült, ist die Erinnerung an die Dürre.«
Jens Klocksin BUND Brandenburg
Minister Vogel, der den Report entgegennahm, ergänzte: Bei der Betrachtung käme es auf die Bezugspunkte an. Gegenüber der Lage von 2021 habe es eine Verbesserung gegeben, gegenüber dem Jahr 1974 aber habe sich der Wasserhaushalt »auch nicht ansatzweise erholt«. Weil eine intensivere Sonneneinstrahlung messbar sei, könne sich auch bei gleicher Regenmenge heute weniger Grundwasser bilden.
Laut Carsten Preuß kommt es in Zukunft darauf an, Wasser »stärker in der Landschaft zu halten«. Was dies aber für die Flüsse – Schwarze Elster, Spree und Havel – bedeuten würde, wenn ihnen weniger Wasser zufließt? Zumindest was die Spree betrifft, die demnächst kein abgepumptes Braunkohle-Grundwasser mehr erhalten wird, bleibt es für Preuß »eine spannende Angelegenheit«. Die Stadt Berlin bezieht einen Großteil ihres Trinkwassers aus der Spree. Die Folgen einer Austrocknung des Flusses wären kaum auszudenken.
Ein Freund der in der Lausitz geplanten künstlichen Seenkette ist der BUND-Landesvorsitzende nicht. Der Mensch schaffe auf diese Weise in einer trockenen, niederschlagsarmen Gegend eine »riesige Verdunstungsfläche«. Und das für den Ehrgeiz, mit dem Cottbuser Ostsee den flächenmäßig größten See weit und breit zu haben. Besser als dieser großflächige, aber flache See wäre die Anlage eines kleinen, dafür tiefen Sees gewesen. Preuß: »Daran lässt sich nichts mehr ändern.«
Unter Beobachtung steht auch der Seddiner See bei Michendorf, dessen Wasserspiegel in den vergangenen Jahrzehnten um 1,60 Meter zurückgegangen ist. Zwar hat sich in Folge der ergiebigen Niederschläge der vergangenen Monate der Spiegel wieder um 30 Zentimeter gehoben, doch ist das Defizit bei Weitem noch nicht ausgeglichen. Im Report heißt es zum Seddiner See, die dort nach 1990 entstandenen zwei Golfplätze nutzen das Seewasser für die Beregnung ihrer Rasenflächen und verbrauchen auf diese Weise 150 000 Kubikmeter im Jahr. »Das entspricht rund zehn Prozent des jährlichen Seewasserverlustes.«
Hinzu komme eine Verdopplung der Einwohnerzahl in diesem Wasser-Einzugsgebiet und eine starke Erhöhung des Pro-Kopf-Verbrauchs an Wasser. Im Schnitt hat sich der Wasserverbrauch pro Einwohner seit 1990 zwar reduziert. Preuß allerdings führt den erhöhten Verbrauch in dem Gebiet auf die Vielzahl der Einfamilienhäuser zurück, die mit ihren Pools den Wasserverbrauch in die Höhe treiben würden.
Vom Golfplatzbetreiber genutzt wird laut Bericht auch der Grundwasserbrunnen einer ehemaligen Gärtnerei am Seddiner See. Laut Preuß sind die vielen Brunnen in der märkischen Landschaft ein schwer einzuschätzendes Grundwasser-Risiko. Für ihre Anlage gebe es lediglich eine Anzeigepflicht, doch nicht einmal der würden alle Brunnennutzer immer nachkommen. So habe die Landesregierung keine Übersicht darüber, wie viel Grundwasser durch die nicht reglementiert nutzbaren Brunnen eigentlich herausgepumpt wird.
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