Bericht belegt Folter in Israels Gefängnissen

Menschenrechtsorganisation sieht Netzwerk von Lagern zur gezielten Misshandlung von Insassen

  • Lesedauer: 2 Min.
Ein von der israelischen Armee freigelassener palästinensischer Gefangener wird zur medizinischen Untersuchung ins Al-Najjar-Krankenhaus in Rafah gebracht.
Ein von der israelischen Armee freigelassener palästinensischer Gefangener wird zur medizinischen Untersuchung ins Al-Najjar-Krankenhaus in Rafah gebracht.

Tel Aviv. Die Menschenrechtsorganisation Betselem wirft Israel systematische Folter palästinensischer Häftlinge in seinen Gefängnissen vor. Die israelische Organisation hat in einem Bericht unter dem Titel »Willkommen in der Hölle« Zeugenaussagen von 55 palästinensischen Ex-Häftlingen gesammelt. Diese beschreiben teilweise schwere Misshandlungen und Gewalt. Nach Informationen von Betselem wurden zuletzt mehr als 9600 Palästinenser in den Gefängnissen festgehalten, etwa die Hälfte davon ohne offizielle Anklage.

»Pfefferspray, Blendgranaten, Schlagstöcke, Holzknüppel und Metallstöcke, Gewehrkolben und -läufe Schlagringe und Elektroschocker sind nur einige der Instrumente, die zur Folter und Misshandlung von Gefangenen eingesetzt werden«, heißt es in dem Bericht. Zusätzlich würden Hunde auf Gefangene gehetzt, es gebe Schläge, Fausthiebe und Tritte. Diese Übergriffe führten oft zu schweren Verletzungen, Bewusstlosigkeit, Knochenbrüchen und in extremen Fällen sogar zum Tod.

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»Die Zeugenaussagen zeigen die Ergebnisse der hastigen Umwandlung von mehr als einem Dutzend Gefängniseinrichtungen – militärisch und zivil – in ein Netzwerk von Lagern, die dem gezielten Missbrauch von Insassen dienen«, schrieb Betselem in dem Bericht. »Einrichtungen, in denen jeder Insasse absichtlich schwerem, unablässigem Schmerz und Leid ausgesetzt ist, funktionieren de facto als Folterlager.«

Laut Betselem ist der Missbrauch derart systematisch, »dass es sich zweifellos um eine organisierte, erklärte Politik der israelischen Gefängnisbehörde handelt«. Diese Politik sei unter Anweisung des rechtsextremen Polizeiministers Itamar Ben Gwir und mit voller Unterstützung der israelischen Regierung und des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu umgesetzt worden.

Betselem ist eine über Spenden finanzierte israelische Menschenrechtsgruppe, die sich gegen die Besatzung der palästinensischen Gebiete und für gleiche Rechte für Juden und Palästinenser einsetzt.

Das israelische Militär ermittelt gegenwärtig zu Vorwürfen wegen schwerer sexueller Misshandlung eines als »Terroristen« bezeichneten palästinensischen Mannes durch Soldaten in dem Militärlager Sde Teiman im Süden des Landes. Abgeordnete im Parlament in Tel Aviv hatten die Tat anschließend in einer Debatte gerechtfertigt. Das UN-Menschenrechtsbüro hatte zuletzt mitgeteilt, mindestens 53 Menschen seien in israelischem Gewahrsam ums Leben gekommen.

Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe die nun von Betselem vorgelegten neuen Berichte. Eine Sprecherin der israelischen Gefängnisbehörde sagte, alle Häftlinge würden in Übereinstimmung mit dem Gesetz festgehalten und ihre grundlegenden Rechte gewahrt. Die Vorwürfe von Betselem seien der Behörde nicht offiziell übermittelt worden, »und nach unserem Wissen entbehren sie jeglicher Basis«.  dpa/nd

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