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Städtische Wildtiere: Ganz Berlin ist Biberburg
Über 100 Biber-Ansiedlungen in der Hauptstadt sprechen für eine stabile Population
Die Biberpopulation in Berlin ist stabil. »Dennoch ist der Lebensraum des Bibers innerhalb der Stadt erheblich gefährdet«, teilt die Senatsverwaltung für Umwelt in einer Antwort an eine schriftliche Anfrage der CDU-Abgeordneten Danny Freymark und Martin Pätzold zum Thema Biber in Lichtenberg mit. Menschliche Aktivitäten, die zur Zerstörung seines Lebensraums führen, wie Gewässerausbau, Schifffahrt und Landschaftsfragmentierung seien die Hauptgefahren für die schwimmenden Nager.
»Zusätzlich stellt die Verunfallung auf Straßen und Bahngleisen eine erhebliche Gefahr dar«, sagt die Umweltverwaltung. Um Wildtiere vor Autos zu schützen, gibt es beispielsweise unter der Hohenschönhauser Straße im Bezirk Lichtenberg mehrere »Kleintiertunnel«, die den »Tieren ein sicheres Unterqueren der Straße ermöglichen«, wie der Bezirk in der Senatsantwort zitiert wird.
»Der Biber hat Berlin selbstständig eingenommen.«
Derk Ehlert Berliner Wildtierexperte
Die Straße befindet sich zwar nicht in der Umgebung größerer Berliner Gewässer, die bevorzugt von den Bibern als Habitat ausgewählt werden. Allerdings grenzt sie an das Landschaftsschutzgebiet Falkenberger Krugwiesen, dessen einst verlandetes Kleingewässer, der Hohenschönhauser See, Ende 2023 wieder mit Wasser gefüllt wurde. Dort wurde, wie die Umweltverwaltung mitteilt, sogar ein Biber gesichtet – allerdings einmalig. »Von einer Nutzung als Lebensraum und somit einer Besiedlung wird derzeit nicht ausgegangen.«
Der CDU-Abgeordnete Martin Pätzold sieht weiteren Handlungsbedarf beim Land und bei den Bezirken, die Lebensräume der Biber zu schützen und die Entwicklung der Population im Blick zu behalten. »Mich sprechen immer wieder Anwohner auf die Biber an«, sagt der Lichtenberger Politiker zu »nd«. Deshalb habe er zusammen mit Freymark die Anfrage an den Senat gestellt. Es sei wichtig, Maßnahmen zum Schutz der Biber zu steuern und öffentlich zu besprechen, auch weil Anwohner*innen etwa Angst vor Baumschäden durch Biber hätten. Aus den Antworten der Bezirke Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf geht aber hervor, dass solche Baumschäden dort nicht vorliegen.
Das städtische Zusammenleben mit den streng geschützten Wasser-Nagern ist dennoch nicht immer einfach. Derk Ehlert, Wildtierexperte bei der Umweltverwaltung, berichtet, dass es durchaus zu Beschwerden über die Berliner Biber komme, etwa von Eigentümern von Wassergrundstücken, weil Biber Obstbäume angenagt hätten. Das passiere vorwiegend im Winter, wenn wenig andere frische Pflanzen als Nahrung zu haben sind, sagt Ehlert zu »nd«. »Es gibt aber Möglichkeiten, Bäume vor Bibern zu schützen.«
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In anderen Fällen bringen Biber auch Vorteile für die Stadt, indem sie etwa Ufer freihalten, die ansonsten zuwachsen würden. »Der Biber ist ein wichtiger Landschaftsgestalter«, sagt Berlins Wildtierexperte. In ganz Berlin gibt es laut Ehlert weit über 100 Biber-Ansiedlungen. Damit sei vermutlich eine adäquate Revierdichte in Berlin erreicht, denn die Reviere bräuchten auch eine gewisse Mindestgröße, und die Biber verteidigten ihre Reviere gegeneinander.
»Wir haben hier Elbe- oder Havel-Biber, die hauptsächlich aus dem Westhavelland zurück nach Berlin gekommen sind«, sagt Ehlert. Die Rückkehr der Biber, die auch in Berlin einst heimisch waren, aber ausgerottet wurden, habe vor 25 bis 30 Jahren begonnen – ganz ohne gezieltes Aussetzen der Tiere in der Stadt. »Der Biber hat Berlin selbstständig eingenommen«, sagt Ehlert.
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