Berlin: Gegen den Stadtbaum-Schwund

Am Tag des Baumes demonstrieren Initiativen gegen die Senatspläne in Tempelhof

Im April erfreuen zahlreiche blühende Kirschbäume die Berliner Gemüter. Bäume sind aber ganzjährig wichtig für die Lebensqualität, den Hitzeschutz und die Wasserspeicherung in der Stadt.
Im April erfreuen zahlreiche blühende Kirschbäume die Berliner Gemüter. Bäume sind aber ganzjährig wichtig für die Lebensqualität, den Hitzeschutz und die Wasserspeicherung in der Stadt.

Berlin braucht Bäume. Sie kühlen die Stadt, schützen den Boden vor Austrocknung und erhöhen die Lebensqualität. Doch anstatt mehr gibt es von Jahr zu Jahr weniger des hohen Grüns. Einerseits müssen die Stadtbäume wegen zahlreicher Bauprojekte weichen. Andererseits vertrocknen und erkranken sie so drastisch, dass sie sterben oder aus Sicherheitsgründen gefällt werden müssen. An diesem Freitag ist der internationale Tag des Baumes. Das nehmen zahlreiche Initiativen zum Anlass, um gegen aktuelle Senatspläne zu protestieren. Denn am Tempelhofer Damm sollen fast 200 Straßenbäume aufgrund von Bauarbeiten gefällt werden.

»Allein für eine temporäre Asphaltfläche« solle ein Drittel der Bäume in Tempelhof gefällt werden, »knapp 40 weitere, damit breitere Fahrbahnen für immer breitere SUVs gebaut werden können«, sagt die Initiative Volksentscheid Baum in einer Pressemitteilung zu den Senatsplänen in Tempelhof. Sie hält mindestens 100 der Baumfällungen für vermeidbar – »mit korrekten Daten und aktuellem verkehrswissenschaftlichem Wissen, moderner Verkehrsführung, angepasster Planung und dem nötigen politischen Willen für die Bedeutung von Bäumen«.

Deswegen ruft die Initiative zur »Happy-Baum-Hour-Demo« an diesem Freitag um 18 Uhr vor dem Südeingang des Tempelhofer Felds auf. »Klimavorsorge braucht Bäume – nicht Asphalt. Wir feiern die Bäume, um sie hier noch retten zu können und für eine Million gesunde Straßenbäume in ganz Berlin«, sagt Génica Schäfgen, Ko-Initiatorin des Volksentscheids Baum, der die Berliner Bevölkerung über ein neues Klimaanpassungsgesetz abstimmen lassen will. Der Entwurf des Gesetzes befinde sich aktuell in einer Zulässigkeitsprüfung durch den Senat, heißt es von der Initiative.

An der Demonstration zum Erhalt der Straßenbäume beteiligen sich laut Volksentscheid Baum zahlreiche weitere Initiativen – etwa Changing Cities, Omas for Future, das Netzwerk fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg und die Senior*innenvertretung im Bezirk. »Des Deutschen liebstes Kind ist der Baum, nicht das Auto. Damit dieses Baumbewusstsein im Berliner Senat zum Maß der Dinge wird, feiern wir die Happy-Baum-Hour«, so Heinrich Strößenreuther von Volksentscheid Baum.

»Wir müssen den stetigen Grünverlust jetzt stoppen, sonst leben wir irgendwann in einer grauen Stadt ohne Lebensqualität für Mensch und Natur.«

Janna Einröder Nabu Berlin

Anlässlich des internationalen Tag des Baumes kritisiert auch die Naturschutzorganisation Nabu Berlin den Rückgang des hauptstädtischen Baumbestands. 2024 seien von 431 431 Straßenbäumen 5280 gefällt, aber bislang nur 2571 nachgepflanzt worden – ein Defizit also von 2709 Bäumen. »Sobald eine Straße saniert, eine Leitung verlegt oder eine U-Bahn gebaut werden soll, müssen Bäume weichen – oft ohne zeit- und ortsnahen Ersatz«, sagt Janna Einröder, Stadtgrün-Referentin beim Nabu Berlin, in einer Pressemitteilung.

Die Naturschutzorganisation fordert ein Kurswechsel bei Bauvorhaben. »Es muss zur Regel werden, dass ein Baum nur dann gefällt werden darf, wenn eine umfassende Alternativenprüfung eindeutig ergibt, dass sein Erhalt nicht möglich ist«, sagt Einröder. Bauprojekte müssten im Zweifel »um den Baum herum« geplant werden. »Wir müssen den stetigen Grünverlust jetzt stoppen, sonst leben wir irgendwann in einer grauen Stadt ohne Lebensqualität für Mensch und Natur.«

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