Im Hamsterrad: Doha-Verhandlungen zu Gaza ohne Erfolgsaussicht

Die Region braucht ein nachhaltiges Zukunftskonzept, meint Oliver Eberhardt

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 4 Min.
Beerdigung in den Palästinensischen Gebieten. Der Nahe Osten braucht ein nachhaltiges Zukunftskonzept, damit das Sterben in der Region aufhört.
Beerdigung in den Palästinensischen Gebieten. Der Nahe Osten braucht ein nachhaltiges Zukunftskonzept, damit das Sterben in der Region aufhört.

Über Israel und die Palästinensischen Gebiete zu berichten, fühlt sich wieder einmal so an, als habe man alles schon einmal gesehen und getan: Kriege zwischen Israel und der Hamas brechen aus, schnell sind die Verhandler aus Katar und Ägypten zur Stelle, in den sozialen Netzwerken wird demonstriert, dass man natürlich Pro, also Anti ist. Und irgendwann kommt ein Waffenstillstand und alle machen so weiter wie bisher: Israel und Ägypten erhalten die Blockade aufrecht, die für Sicherheit sorgen soll, aber eben auch Hoffnungslosigkeit bei den Menschen im Gazastreifen erzeugt, mit der dann wiederum die Hamas ihre erneute Aufrüstung rechtfertigt. Und irgendwann geht es dann wieder los.

Nun wird in Katar wieder verhandelt, über einen Waffenstillstand, einen Gefangenenaustausch. Und ganz ehrlich: Viel fällt dazu auch dem Verfasser dieser Zeilen nicht ein. Viel wichtiger ist ohnehin, was danach kommt, nach dem Tag, an dem ein Deal stehen wird. Eigentlich müssten die Vereinten Nationen, die westlichen Länder schon jetzt in den fünften Gang schalten, um mit allen Mitteln zu verhindern, dass in ein paar Jahren wieder alles von vorne losgeht. Tatsächlich herrscht aber in der Weltpolitik Lethargie. Es scheint, als wolle man einfach nur mit der Sache abschließen. Einen Plan für den Wiederaufbau des Gazastreifens gibt es immer noch nicht, ebensowenig wie ein Konzept, das Israel Sicherheit garantiert und den Menschen in Gaza ein menschenwürdiges Leben.

Stimmung überall in der Region aufgeheizt

Und dann reichen die Auswirkungen des Kriegs weit über diesen kleinen Landstrich und über Israel hinaus: Der Krieg hat die Stimmung überall im Nahen Osten aufgeheizt, wird von Organisationen und Politikern anderswo genutzt, um den eigenen Einfluss auszubauen – zum Beispiel im Jemen oder im Libanon.

Es werden Antworten auf Fragen gefunden werden müssen, die für diejenigen, die damit leben müssen, enorm schmerzhaft sind: Militante Organisationen wie die Hamas, die Hisbollah und die Huthi haben mittlerweile staatsähnliche Strukturen in schwachen Staaten gebildet. Sie sind eine Realität, die sich auch nicht mit Waffengewalt beseitigen lässt. Es ist unausweichlich, dass die Regierungen der Region und des Westens mit ihnen in einen Dialog treten. Aber genauso muss diesen Gruppen sehr schnell vermittelt werden, dass sie nicht einfach alles tun können, was ihnen einfällt, weil sie ja kein Staat sind, und das Völkerrecht deshalb nicht für sie gilt.

Iran will an Einfluss gewinnen

Und dann ist da der Iran, dessen Revolutionsgarden im Hintergrund diese Gruppen nutzen, um in der Region an Einfluss zu gewinnen. Irgendwann demnächst wird der alternde Oberste Führer Ajatollah Ali Chamenei abtreten müssen. Möglicherweise wird dann in den USA Donald Trump wieder Präsident sein. In dessen erster Amtszeit schwadronierten seine Leute davon, im Iran einen »regime change« herbeiführen zu wollen. Ein extrem heißes Eisen, seit CIA und MI6 1953 versuchten, Regierungschef Mohammad Mossadegh zu stürzen. In der heutigen Situation könnte dies der Funken sein, der den Flächenbrand entfacht.

Im Jemen hat der Gaza-Krieg indes indirekt den fragilen Waffenstillstand zwischen den Huthi und der international anerkannten Regierung ins Wanken gebracht. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind zwischen 300 000 und 400 000 Menschen im Krieg ums Leben gekommen.

Ohne Zukunftskonzept dreht sich die Gewaltspirale weiter

Doch in allen westlichen Staaten und vor allem bei den Vereinten Nationen beklagen die Diplomaten: Es gibt viel zu wenig Geld für den Wiederaufbau, denn der Gazastreifen ist ja nicht das einzige Kriegsgebiet: Jemen, Syrien und der Irak sind auch noch da.

Wenn es jetzt nicht gelingt, nicht nur einen Waffenstillstand, sondern auch nachhaltige Zukunftskonzepte zu finden, dann werden wir alle in einigen Jahren wieder das Gefühl haben, als hätten wir das alles schon einmal erlebt.

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