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1. FC Union Berlin: Starke Frauen, verunsicherte Männer
Während die Fußballerinnen nach oben streben, starten die Bundesliga-Profis mit dem Prinzip Hoffnung
An diesem Sonnabend wird man einen ersten Eindruck bekommen, wohin die Reise des 1. FC Union Berlin in dieser Saison hingehen kann. Die Frauen empfangen zum Auftakt in der 2. Bundesliga den Hamburger SV. Mehr als 5000 Fans werden ab 13 Uhr in der Alten Försterei erleben, ob die Aufsteigerinnen ihrem vorauseilenden Ruf als Mitfavoritinnen gegen einen ebenso ambitionierten Gegner gerecht werden können. Kurz nachdem die ersten Punkte verteilt sind, wird das Spiel von Unions Männern in Mainz angepfiffen. Während von den Fußballerinnen in Köpenick erwartet wird, dass sie ihren Weg nach oben fortsetzen, soll ein Neuanfang die männlichen Profis zurück in die Erfolgsspur führen.
Immer erste Liga
Die »Ansprüche des Vereins« hat Präsident Dirk Zingler am 26. Juni formuliert: »Wir wollen mit allen Teams in der obersten Liga spielen.« Es war der Tag, als mit Trainer Bo Svensson und Manager Horst Heldt das neue sportliche Führungsduo der Bundesliga-Fußballer vorgestellt wurde. Die Frauen dabei in seine Ausführungen einzuschließen, war ein Leichtes. Schließlich scheint der schnellen Weiterentwicklung nicht viel im Weg zu stehen. Der Aufstieg gelang mit 22 Siegen in 22 Regionalliga-Spielen und zwei weiteren gegen den SV Henstedt-Ulzburg in der Relegation. Im neuen »Trainingszentrum Oberspree«, das Mitte Juli offiziell eröffnet wurde, profitieren die Fußballerinnen schon seit dem Frühjahr von einer professionellen Infrastruktur, was Trainerin Ailien Poese als »Riesensprung« bezeichnet.
Über den ersten Erfolg konnte sich Poese schon freuen. Die erste Runde im DFB-Pokal hat ihr Team überstanden. Beim Sieg im Elfmeterschießen gegen FSV Gütersloh gefiel ihr am Dienstagabend vor allem die »mentale Stärke« ihrer Spielerinnen im Duell vom Punkt. Auch wenn »etwas Glück« nötig war, Unions Trainerin hob hervor, sich »gegen einen Zweitligisten« durchgesetzt zu haben. Auch der kommende Gegner macht Hoffnung auf eine gute Spielzeit in der neuen Klasse. Der HSV verpasste in der vergangenen Saison als Aufsteiger den Sprung in die 1. Bundesliga nur knapp.
Möglicher Durchmarsch
Durch die im Sommer 2025 anstehende Aufstockung im Oberhaus von derzeit zwölf auf 14 Klubs dürfen nach dieser Saison gleich drei Zweitligisten den Gang nach oben antreten. Die Frage nach einem möglichen Durchmarsch lächelte Poese am Donnerstag weg. »Härte, Körperlichkeit, Spieltempo«, zählte die Trainerin des 1. FC Union auf, als sie über »einen ganz anderen Fußball« sprach, auf den sich ihr Team erstmal einstellen müsse. »Nach den ersten Spielen schauen wir, wo wir stehen, dann werden wir unsere Ziele definieren.«
Über all das berichtete Poese auf der Spieltags-Pressekonferenz. An ihrem Platz hatte kurz zuvor Bo Svensson gestanden – und über die Aussichten der Köpenicker Fußballer zum Auftakt beim FSV Mainz gesprochen. Er hinterließ dabei einen etwas weniger optimistischen Eindruck als seine Köpenicker Kollegin. Ein Grund dafür dürfte der letzte Auftritt seiner Mannschaft gewesen sein. Seine Analyse nach dem knappen 1:0-Sieg im DFB-Pokal beim Viertligisten Greifswald lautete: »Das meiste hat nicht gepasst.« Nun konnte er sich vor der »schwierigen Aufgabe« zumindest über eine »gute Trainingswoche« freuen.
Verunsicherter Verein
Der entscheidende Grund für einen offensichtlich fehlenden Optimismus aber ist die Unsicherheit im Verein. Die vergangene Saison mit Fehlern auf vielen Ebenen hat nach Jahren eines unglaublichen Aufstiegs viel Ratlosigkeit erzeugt. Dagegen helfen nur neue Erfolge. Was das genau bedeutet, will bei Union jedoch niemand definieren. Mit dem stets formulierten Ziel »Klassenerhalt« ging es für die Köpenicker bis in die Champions League. Im Jetzt formuliert Zingler nur den Wunsch, in der obersten Klasse mitspielen zu wollen. Auch auf nd-Nachfrage ließ sich der Präsident kein konkretes Wort abringen.
Unions Fußballer starten mit dem Prinzip Hoffnung – und diese heißt Neuanfang. Das übliche Mediengespräch zur Saisonanalyse fiel nach der vergangenen Spielzeit aus. Man wolle nur nach vorn schauen, hieß es. Dies geschah dann Ende Juni mit der Vorstellung der neuen sportlichen Führung. »Nur am Wochenende Spiele zu gewinnen, das wäre mir zu wenig«, sagte Svensson damals. Ihm sei auch wichtig, mit wem er das mache. Eine gewisse Vereinskultur ebenso. Der dänische Trainer, der zuvor 16 Jahre als Spieler und Trainer in Mainz verbracht hat, scheint nach Köpenick zu passen. Beim Manager weiß man das nicht so genau: Hätte Heldt beispielsweise in Bochum, Hoffenheim oder Wolfsburg unterschrieben, niemand würde sich wundern. Er kennt ja fast die halbe Liga aus seiner Zeit als Spieler und Funktionär. Um einen »unbelasteten Neuanfang« zu gewährleisten, wurden dem Trainer laut Zingler jedenfalls »Menschen zur Seite gestellt, die ihn nicht vergleichen«. Auch das Trainerteam wurde verändert.
Arbeiten muss Svensson dennoch mit altem, vorbelastetem Personal. Ob der in großen Teilen noch vollständige Kader der Vorsaison die schlechten Erfahrungen verarbeitet hat? Auf dem Transfermarkt wird sicherlich noch einiges passieren. Die Unsicherheit, mit welcher Mannschaft er letztlich die Saison bestreiten wird, findet der Trainer »normal«. Ob das Team nach einer jahrelang gewohnten Spielweise seine Veränderungen schon verinnerlicht hat? »Mal schauen«, sagt Svensson.
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