Berliner S-Bahn: Doch keine Züge im Dezember auf S21-Projekt

Geplante S-Bahn-Strecke S15 zum Berliner Hauptbahnhof wird nicht rechtzeitig fertig

Die Gleise der S15 liegen schon: Besichtigung der Strecken-Baustelle am Hauptbahnhof im April
Die Gleise der S15 liegen schon: Besichtigung der Strecken-Baustelle am Hauptbahnhof im April

Die zweite Nord-Süd-Strecke der S-Bahn ist eine der unendlichen Berliner Geschichten. Noch im April war man sich bei der Deutschen Bahn (DB) sicher, dass es Ende dieses Jahres endlich etwas wird mit der Inbetriebnahme des ersten Teilstücks vom nördlichen S-Bahn-Ring zum Hauptbahnhof. Nun ist klar: Die Strecke wird nicht am 14. Dezember eröffnet, wie zuletzt angekündigt. Das haben mehrere Insider »nd« bestätigt.

48 Stunden nach der entsprechenden Anfrage von »nd« hat die regionale Pressestelle der Deutschen Bahn am Freitag eine Mitteilung versandt, die die Informationen bestätigt. Demnach wird der Verkehr auf der Strecke »im Laufe des 1. Quartals 2025« aufgenommen. »Der Interimsbahnhof mit neuen Gleisen und Signaltechnik wird wie geplant zum Fahrplanwechsel Dezember 2024 fertiggestellt, allerdings verschiebt sich der Start des Zugverkehrs der S-Bahn«, heißt es weiter in der Mitteilung.

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Die Deutsche Bahn führt aus, dass die Zulassung und Freigabe der neuen Infrastruktur »aufgrund der Stromversorgung für die S-Bahn mit Gleichstrom sehr aufwendig und komplex« sei. Dafür seien »wichtige Fachkräfte notwendig«, die »im nächsten Jahr für das Projekt zur Verfügung stehen«.

Die vorgebliche besondere Komplexität der Gleichstromtechnik verwundert etwas. Zwar sind deutsche Eisenbahnstrecken in der Regel mit Wechselstrom aus der Oberleitung mit 15.000 Volt Spannung elektrifiziert. Allerdings fährt auch die Hamburger S-Bahn mit Gleichstrom aus der Stromschiene, ebenso wie die U-Bahnen in Berlin, Hamburg, Nürnberg und München. Außerdem werden alle deutschen Straßenbahnnetze ebenfalls mit Gleichstrom betrieben, allerdings beziehen sie ihn aus der Oberleitung.

Die nochmalige Verzögerung der Eröffnung der sogenannten City-S-Bahn wirft allerdings auch ein Schlaglicht auf den dramatischen Personalmangel im Bau- und Planungsbereich. Alexander Kaczmarek, der Bevollmächtigte der DB für Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, verwies bereits im April auf den gravierenden Mangel an Fachkräften besonders bei der Abnahme und Zulassung von Infrastruktur. Dieser Mangel ist mit ein Grund dafür, dass baubedingte Streckensperrungen immer länger werden. Oft muss ein tagelanges Puffer eingeplant werden, um halbwegs sicherstellen zu können, dass die entsprechenden Prüfungen auch durchgeführt werden können.

Mit der Bau- und Planungsgeschichte der 3,9 Kilometer langen Strecke, die sich vom Hauptbahnhof verzweigt und vor den Bahnhöfen Westhafen und Wedding in die Ringbahn einfädelt, ließen sich inzwischen ganze Bücher füllen. Ursprünglich hätte die Strecke unter dem Planungsnamen »S21« bereits im Jahr 2006 eröffnet werden sollen. Zuletzt wurden die erwarteten Baukosten auf 400 Millionen Euro geschätzt.

Zunächst sorgten die Berliner Finanznot und andere Prioritäten der Bahn für jahrelange Verzögerungen. Als der Bau schließlich begann, offenbarten sich massive weitere Probleme. Grundwasser in der Baugrube war eines davon. Noch gravierender war der festgestellte Baupfusch an Fundamenten des Hauptbahnhofs.

Angesichts der sich an allen Ecken und Enden des deutschen Bahnnetzes offenbarenden Probleme, geplante Inbetriebnahmetermine für Strecken ansatzweise einzuhalten, stellt sich auch die Frage, ob die Siemensbahn von Jungfernheide nach Gartenfeld tatsächlich im Jahr 2029 wieder den Betrieb aufnehmen wird. Eine jahrelange Verzögerung würde nicht verwundern.

Ende 2022, Ende 2023 und zuletzt der 14. Dezember 2024 waren die angekündigten Eröffnungstermine der vergangenen Jahre. Um überhaupt in absehbarer Zeit das erste Teilstück in Betrieb nehmen zu können, wurde der Bau eines provisorischen Endbahnhofs nördlich der Invalidenstraße beschlossen. Er wird aus Fahrgastsicht voll ausgestattet sein mit Fahrstuhl und Rolltreppen. Blau gemusterte Wandpaneele nehmen auf den nahe gelegenen Nordhafen Bezug. Zur Tram werden Rolltreppen führen. Die U5 und der Hauptbahnhof selbst werden unterirdisch angebunden.

Das Provisorium hat nur ein Bahnsteiggleis, an dem maximal ein sogenannter Halbzug aus vier Wagen halten kann. Im Zehn-Minuten-Takt soll die neue Linie S15 zwischen Gesundbrunnen und Hauptbahnhof mit Zwischenhalt am Bahnhof Wedding pendeln. Der Westast Richtung Westhafen soll wegen dieser Einschränkungen vorerst nicht bedient werden. Bis 2029 soll der baulich aufwendige Bahnhof Perleberger Brücke zur Erschließung des Europaviertels eingefügt werden.

Im Dezember 2023 erteilte der Senat den Auftrag für die zweite Baustufe der Strecke. Sie soll ohne Zwischenhalt vom Hauptbahnhof zum Potsdamer Platz führen. Sehr zum Unmut eines Teils der Community werden für die Bauvariante, die den Sicherheitsbedenken des Bundestags Rechnung trägt, Bäume im Umfeld des Mahnmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma gefällt werden müssen. Vor dem Brandenburger Tor wird mehrere Jahre eine Baugrube klaffen. Eröffnung könnte in rund zehn Jahren gefeiert werden.

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