Protestwoche in der Hafenstadt

Entscheidung über den Teilverkauf des Hamburger Terminalbetreibers HHLA an eine Reederei steht bevor

Am Hamburger Hafen ist einiges in Bewegung. Bald entscheidet die Stadt über die Beteiligung der schweizerisch-italienischen Reederei MSC an der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA).
Am Hamburger Hafen ist einiges in Bewegung. Bald entscheidet die Stadt über die Beteiligung der schweizerisch-italienischen Reederei MSC an der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA).

Ein Deal, der nicht allein in Hamburg umstritten bleibt: Die Stadt will die schweizerisch-italienische Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) an der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) beteiligen. Die HHLA betreibt drei von vier Containerterminals an der Elbe. Doch gegen den MSC-Deal gibt es erheblichen Widerstand. Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter gingen auf die Straße und schreckten auch vor einem wilden Streik nicht zurück. Teile der Stadtgesellschaft opponieren gegen die Privatisierung »ihres« Hafens und die politische Opposition in der Bürgerschaft wirft dem rot-grünen Senat des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher einen »historischen Fehler« vor.

Der Senat möchte die MSC aus Genf an Bord holen, um die HHLA und den Hafenumschlag zu befördern. In diesem Jahr wird der Logistikkonzern in seinen Hamburger Terminals etwa 5,5 Millionen Container umschlagen. Zukünftig will die Stadt nur noch 50,1 Prozent an dem Unternehmen halten – 49,9 Prozent soll MSC übernehmen. Bislang gehören der Stadt 70 Prozent. Der Rest war in Streubesitz, börsennotiert und ist inzwischen von MSC weitgehend aufgekauft.

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Im Gegenzug will die Reederei ihr Ladungsaufkommen in Hamburg bis 2031 auf eine Million Container verdoppeln und eine neue Deutschland-Zentrale in Hamburg errichten. Außerdem soll zusammen mit der Stadt das Eigenkapital der HHLA um 450 Millionen Euro aufgestockt werden, um vor allem in der Hinterlandlogistik zu expandieren.

MSC ist die nach Ladungsaufkommen weltweit größte Reederei. Nach eigenen Angaben betreibt oder baut sie 70 Terminals auf fünf Kontinenten in 31 Ländern. Auch andere große Reedereien wie Hapag-Lloyd und Cosco besitzen Terminals in aller Welt. So hält der chinesische Staatskonzern Cosco in Hamburg eine ebenfalls umstrittene Beteiligung von 24,9 Prozent unterhalb der Sperrminorität am kleinen Terminal Tollerort; die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd besitzt sogar eine Sperrminorität von 25,1 Prozent an dem hochmodernen Container-Terminal Altenwerder.

Beide Terminals gehören mehrheitlich der HHLA. Doch selbst der nach einem MSC-Deal immer noch staatlich dominierte Hafenbetreiber fischt gerne in fremden Gewässern. So betreibt HHLA den Container Terminal Estonia in Tallinn, einen Terminal im italienischen Triest und seit 2001 den größten und modernsten Containerterminal der Ukraine, in Odessa am Schwarzen Meer.

Aus Sicht der Reedereien lassen sich durch eigene Terminals die Fahrpläne optimieren und die Einnahmen stimmen auch: Pro Box werden üblicherweise etwa 300 US-Dollar Ladegebühr fällig. Bei 5000 Boxen pro Hafenanlauf spielen Reedereien durch eigene Terminals ein erkleckliches Sümmchen ein.

Für den von SPD und Grünen gebildeten Senat ist das lange Zeit an der Elbe gepflegte Konzept »Hafen finanziert Hafen« endgültig gescheitert. Seit Jahren stagnieren der Umschlag und damit die Steuereinnahmen. Derweil finanziert Hamburg mit hohen Summen seine maritime Infrastruktur – von den Hafenbecken über Grund und Boden bis zu den Kais. Diese staatseigene »Infrastruktur«, also Kais und Hafenflächen, sind lediglich an Logistikkonzerne wie die HHLA verpachtet. So soll der Nutzungsvertrag für diese »Suprastruktur« mit MSC wohl auf 40 Jahre begrenzt werden. Mit Sonderkündigungsrechten.

Rund 6700 überdurchschnittlich gut bezahlte Jobs bietet die HHLA, mehr als die Hälfte davon in Deutschland. Kritiker des MSC-Deals, allen voran Beschäftigte, Betriebsrat und die Gewerkschaft Verdi, bemängeln die »Privatisierung kritischer Infrastruktur«. Nach dem Verkauf zähle der Profit und nicht das Wohl der Menschen. Außerdem drohe der Verlust der politischen Kontrolle. »Das bedeutet, dass wichtige Entscheidungen, die unsere Stadt betreffen, nicht mehr von den gewählten Vertretern getroffen werden, sondern von privaten Profitinteressen getrieben werden«, warnt ein Sprecher von Verdi. Durch »den Ausverkauf« drohe der Abbau von Arbeitsplätzen und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.

Auch die politische Opposition in der Bürgerschaft ist gegen den Deal des Senats um Peter Tschentscher (SPD) und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank von den Grünen. Kurz vor der endgültigen Bürgerschaftsentscheidung verweigert der Senat der Öffentlichkeit immer noch zentrale Verhandlungsergebnisse, ergab eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion. Selbst in Teilen der rot-grünen Basis regte sich zuletzt Widerstand.

Seit einer Woche läuft eine Aktionswoche des Bündnisses »MSC-Deal stoppen« mit zahlreichen Informations- und Diskussionsveranstaltungen. Federführend ist der Bundesvorstand der Gewerkschaft Verdi in Berlin. Als Höhepunkt geplant ist eine Großdemonstration am Sonnabend an den Landungsbrücken. In der kommenden Woche folgt die zweite und wohl letzte Lesung des Beschlusses zum Verkauf von HHLA-Anteilen an die Reederei MSC in der Hamburgischen Bürgerschaft.

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