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Berlin: Mehr Geld für Pflegekinder
Zuschüsse für Berliner Pflegefamilien steigen nach langer Zeit – dafür aber deutlich
»Liebe Eltern: Während des Trainings kein Zutritt« – ein hölzerner Clown hält das Schild vor dem Zirkuszelt. Hinter dem halb zugezogenen Tuch am Eingang hängen Kinder kopfüber von Seilen und Trapezen über ausgelegten Matten. Ein Trainer stößt sie an, sie drehen sich mit wehenden Haaren um die eigene Achse. An diesem heißen Sommertag in der letzten Ferienwoche laufen zahlreiche Kinder über das Gelände des Kinderzirkus »Cabuwazi« in Treptow, ein Mitarbeiter bietet Kuchen an.
Im »Cabuwazi« ist auch das Jugendtherapieprojekt Alegria angesiedelt. Kinder und Jugendliche, die mit psychischen Störungen zu kämpfen haben, arbeiten hier in Kleingruppen ein Jahr lang auf einen Zirkusauftritt hin. »Viele Kinder, die zu uns kommen, sagen, dass sie ja sowieso nichts können«, erzählt Alegria-Leiterin Britta Niehaus. Doch wenn sie dann lernen, auf einem Gymnastikball oder einem Drahtseil zu balancieren, stellten sich schnell Erfolgserlebnisse ein. »Das hilft der Selbstwahrnehmung ungemein«, sagt Niehaus – nicht nur im artistischen Bereich. Neulich habe ein Kind zu ihr gesagt: »Wenn ich den Auftritt schaffe, dann schaffe ich es auch, an meiner neuen Schule zurechtzukommen.«
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Seit diesem Jahr nehmen Niehaus und ihr Team eine ganz spezifische Gruppe in den Blick: Pflegekinder. 35 der 80 Therapieplätze seien für Kinder reserviert, die vom Jugendamt aus ihren Elternhäusern genommen und in Pflegefamilien untergebracht wurden. »Fast alle haben traumatische Erfahrungen gemacht«, sagt Niehaus. Dafür erhält das Projekt Fördermittel von der Senatsjugendverwaltung.
Bei diesem Angebot soll es nicht bleiben. »Pflegefamilien sind ein Herzensthema für mich«, sagt Familiensenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) am Donnerstag im Zirkus »Cabuwazi«. Insgesamt gibt es etwa 2000 Pflegekinder in Berlin – gegenüber 6000, die in stationären Einrichtungen untergebracht sind. Seit Jahren beobachte man einen rückläufigen Trend bei Familien, die sich vorstellen können, ein Pflegekind aufzunehmen. Das habe auch finanzielle Gründe: »Seit 2012 haben sich die Pflegekostenzuschüsse nicht verändert«, so Günther-Wünsch. »Wir haben die Rückmeldung von Familien bekommen, dass sie es sich schlicht nicht leisten könnten.« Denn Pflegefamilien seien von steigenden Wohnkosten nicht ausgenommen.
Jetzt sollen die Zuschüsse wieder steigen. Die Pauschale, die alle Pflegeeltern erhalten, soll ab September von 300 auf 420 Euro steigen. Dazu kommt ein individueller Zuschuss pro Kind, der von verschiedenen Bedarfsfaktoren abhängt. Für eine Zehnjährige mit erhöhtem Förderbedarf steige dieser Zuschuss etwa von 670 auf 846 Euro, rechnet Günther-Wünsch vor. »Das macht sich bei den Familien bemerkbar.«
Dazu soll ein Modellprojekt »Startbonus Pflegekind« kommen. Pflegeeltern sind nicht berechtigt, Elterngeld zu beziehen. Zum Ausgleich sollen sie nun den Startbonus erhalten, in Höhe des durchschnittlichen Elterngeldniveaus von etwa 1000 Euro. Ab Beginn des Jahres sollen in jedem Bezirk zehn Familien diesen Bonus erhalten, insgesamt also 120. Parallel dazu will Berlin eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, um das Modell bundesweit zu etablieren, kündigt Günther-Wünsch an. »Pflegekinder sind mit beruflichen Einschränkungen verbunden – das müssen wir kompensieren«, sagt sie.
Jugendstaatssekretär Falko Liecke (CDU) kündigt zudem an, bürokratische Hürden für Pflegefamilien abzubauen. »Wir wollen die Abläufe vereinfachen«, sagt er. Bislang seien die Jugendämter am Wohnort der biologischen Eltern für das Pflegekind zuständig. Die Zuständigkeitsverordnung soll nun geändert werden, damit das Jugendamt am Wohnort der Pflegefamilien zuständig ist. »Das erspart den Pflegeeltern viel Rennerei«, sagt Liecke. Zusätzlich will die Jugendverwaltung eine jährliche Ferienreise für Pflegekinder organisieren.
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