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Polio-Impfungen in Gaza von großer Bedeutung
Eine erfolgreiche Kampagne könnte zum internationalen Vorbild werden
Es ist eine Mammutaufgabe, der sich verschiedene UN- und Nichtregierungsorganisationen zusammen mit den Behörden in Gaza verschrieben haben: Rund 640 000 Kinder sollen innerhalb weniger Tage jeweils eine Dosis eines Polio-Impfstoffs bekommen und vier Wochen später eine zweite. Damit will man eine Impfquote von mindestens 90 Prozent bei den unter Zehnjährigen erreichen. Es braucht ausreichende Mengen Vakzine und Kühlgeräte, rund 2700 Helfer sowie eine wirklich haltende mehrstündige Feuerpause pro Tag, um die Sicherheit des Gesundheitspersonals und der Kinder zu gewähleisten, damit die verängstigten Eltern tatsächlich die Impfstellen aufsuchen.
In Gaza war kürzlich ein Baby mit Lähmungserscheinungen im linken Bein positiv auf Polio getestet werden. Da das Virus eher selten das Nervensystem befällt, deutet selbst ein solcher Einzelfall zusammen mit Abwasseruntersuchungen auf einen größeren Ausbruch hin. Polio schien hier, aber auch weltweit schon vor einigen Jahrzehnten so gut wie eliminiert zu sein. Seit einigen Jahren treten aber mancherorts, selbst im globalen Norden, neue Fälle auf. In diesem Jahr bereiten vor allem Ausbrüche im südlichen Afrika Sorgen. Der Grund: Lange Zeit wurde ein Lebendimpfstoff verabreicht, der mittlerweile vereinzelt zu einem gefährlichen Virus mutiert ist, dem moderne, gespritzte Vakzine nicht richtig Herr werden. Besonders ernst kann es dort werden, wo die Impfquoten durch lokale Widerstände oder Desinteresse, aber auch im Zuge der Covid-19-Pandemie und durch kriegerische Auseinandersetzungen niedrig sind. Und schlechte hygienische Bedingungen in Folge von Armut, Naturkatastrophen oder Krieg hinzukommen.
Dass in Extremsituationen wie in Gaza auf die traditionelle Schluckimpfung gesetzt wird, ist sicher richtig. Die Kampagne kann dezentral und auch von Gesundheitshelfern statt Ärzten durchgeführt werden, außerdem wird der Geimpfe Familienangehörige eventuell mitimmunisieren. Den Menschen in der kriegsbegeutelten Region ist zu wünschen, dass sie dadurch zumindest wieder von der fiesen Kinderlähmung verschont werden. Und womöglich sind diese Impf-Feuerpausen, wenn sie denn gelingen, eine erste vetrauensbildende Maßnahme auf dem Weg zum dauerhaften Waffenstillstand. Zumal, wie es der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, richtigerweise ausdrückt, »Frieden die beste Medizin ist«.
Doch ein Erfolg der Kampagne in Gaza kann auch über den Nahen Osten hinausgehende Bedeutung haben. Die WHO und andere UN-Organisationen sowie private Initiativen möchten nach ihrem Scheitern bei Covid-19 mehr Möglichkeiten zum Eingreifen haben. Beim aktuellen Gesundheitsnotstand mit den Mpox-Ausbrüchen in Afrika versucht man gerade, Geld für Maßnahmen vor Ort einzuwerben und Impfstoffdosen zusammenzukratzen, was bei Polio in Gaza gelungen ist. Daher könnte eine erfolgreiche Kampagne dort Vorbild für ein internationales Vorgehen gegen andere Krankheitsausbrüche werden.
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