Landtagswahlen im Osten: Postfaktische Zeiten

Viele Wähler in Thüringen und Sachsen behaupten, die AfD sei gar nicht rechtsextrem - und nehmen die Radikalisierung der Partei nicht wahr

Björn Höcke (AfD, Mitte), Partei- und Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen, verlässt am Sonntag die Wahlparty der AfD.
Björn Höcke (AfD, Mitte), Partei- und Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen, verlässt am Sonntag die Wahlparty der AfD.

Björn Höcke ist ein Demagoge. Niemand sollte eigentlich sagen können, nicht gewusst zu haben, dass sich hinter der Fassade des ehemaligen Gymnasiallehrers ein völkischer Nationalist verbirgt. Es ist hinlänglich bekannt, wie sehr sich die AfD in den letzten Jahren radikalisiert hat. Immer wieder gibt es in ihren Reihen menschenfeindliche Aussagen über Geflüchtete, die wahlweise »entsorgt« oder gleich »erschossen« werden sollen. Immer wieder versucht die Partei, Tabus der NS-Geschichte aufzuweichen. Es war Höcke, der wegen einer SA-Parole vor Gericht stand und sich während der Verhandlung als ahnungsloses Opfer darstellte. Erstaunlicherweise hat er einigen Erfolg damit.

Tatsächlich hat die Partei bei vielen den Schrecken des Radikalen verloren. Bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen erhielt sie aus fast allen politischen Lagern Zulauf. Freilich sind nicht alle, die ihr Kreuz bei der AfD machen, rechtsextrem, aber die Anziehungskraft der AfD lässt erahnen, wie weit rassistische Einstellungen verbreitet sind.

Hinzu kommt, dass viele Wähler die Partei verklären und sie gar für kompetent halten, obwohl die AfD den Beweis dafür in den Parlamenten schuldig geblieben ist. Aber in Zeiten, in denen Verschwörungstheorien florieren und Postfaktisches die Meinungen infiltriert, nutzt die AfD diese Stimmung geschickt für sich; Themen wie Kriminalität und Zuwanderung hat sie im Wahlkampf gesetzt. Das war vielleicht der Schlüssel, um an die Stimmen der Unzufriedenen zu gelangen – und zugleich vom eigenen Unvermögen abzulenken.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.