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SPD und Klimaschutz: Gelübde in Berlin, Gasbohrungen vor Borkum

Juso-Chef Philipp Türmer und Fridays for Future wenden sich mit Bitte an den Kanzler, neues Gasfeld zu stoppen

Kann Briefe und Straße: Luisa Neubauer bei einer Demonstration vor dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gegen die Genehmigung des Gasfelds vor Borkum im August.
Kann Briefe und Straße: Luisa Neubauer bei einer Demonstration vor dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gegen die Genehmigung des Gasfelds vor Borkum im August.

Die SPD möchte den Klimaschutz wieder voranbringen. Dazu veranstaltete die Partei am Dienstag einen »Klimadialog«. Zur Erinnerung: Es handelt sich um jene Partei, die bei den geplanten Gasbohrungen vor Borkum so gar nicht nach Klimaretter klingt. »Es wäre sehr unwahrscheinlich anzunehmen, dass es nicht dazu kommt, dass das Projekt realisiert wird«, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor kurzem. Und verschwieg dabei, dass das auch von der Bundesregierung abhängt. Denn sie muss einem Einigungsvertrag zwischen Deutschland und den Niederlanden erst zustimmen.

Mit der Forderung, diesen Vertrag nicht aufzusetzen und die Gasbohrungen damit zu verhindern, richteten sich die Aktivistinnen von Fridays for Future (FFF), Luisa Neubauer und Carla Reemtsma, und Juso-Chef Philipp Türmer nun mit einem Brief an den Kanzler und die Führungsriege der SPD.

»Jetzt ist der Moment, um zu zeigen, wie ernst Sie Ihre Bekenntnisse zum Klimaschutz wirklich meinen«, heißt es darin. Ein neues Gasfeld, noch dazu in einem einzigartigen Naturschutzgebiet, zu fördern, sei mit dem Anspruch, progressive Klimapolitik zu betreiben, unvereinbar.

Etwa 20 Kilometer nördlich von der Insel Borkum, nahe des Unesco-Welterbes Wattenmeer, will der Gaskonzern One-Dyas noch in diesem Jahr damit beginnen, Erdgas zu fördern. Gas, auf das Deutschland nach Meinung vieler Expert*innen nicht angewiesen ist. So hält etwa Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, auch beim SPD-Klimadialog zu Gast, das Projekt für überflüssig.

Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich inzwischen ablehnend geäußert. Während FDP und CDU immer noch argumentieren, das neue Gasfeld sei für die Sicherung der Energieversorgung notwendig, regt sich in der SPD Kritik an dem Vorhaben. »Neue Gasförderungen sind der falsche Weg, zumal in Bezug auf Borkum mit Blick auf das Naturerbe Wattenmeer«, erklärte etwa Nina Scheer, die energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion.

Den Autor*innen des Briefes an die SPD-Führungsriege reicht das nicht: »Wenn die SPD es mit dem Klimaschutz ernst meint, muss sie den klimazerstörerischen Gasbohrungen vor Borkum jetzt eine endgültige Absage erteilen.« Schließlich sei Scholz als »Kanzler für Klimaschutz« in den Wahlkampf gezogen. Jetzt gelte es, den »jahrelangen Protest der Inselbewohner*innen nicht stumm verklingen zu lassen«.

Wie schon so oft könnte sich nun statt der Bundesregierung ein Gericht als der verlässlichere Umweltschützer erweisen: Da das Seekabel, das die Bohrplattform mit Strom versorgen soll, möglicherweise geschützte Riffe schädigen würde, hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Klage gegen die Verlegung eingereicht. Mit Erfolg: Anfang August gab das Verwaltungsgericht Oldenburg dem Eilantrag statt. »Weil der Konzern keine Berufung eingelegt hat, ist diese Gerichtsentscheidung nun rechtskräftig und unanfechtbar«, so Constantin Zerger, der den Bereich Energie und Klimaschutz bei der DUH leitet. Deshalb werde sich der Beginn der Förderung zumindest verzögern. Verantwortlich bei einem neuen Antrag von One-Dyas wäre letztlich der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer. Wie sein Partei- und Amtskollege auf Bundesebene Habeck hat er sich gegen die Bohrungen ausgesprochen. Und wie Habeck hat Meyer einen Chef von der SPD: Ministerpräsidenten Stephan Weil. Auch dieser hat bereits von FFF einen Brief erhalten.

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