Reisemagazin »Wunderschön!«: Werbeschau einer Narzisstin

Kein Grund zum Feiern: Das NDR-/WDR-Reisemagazin »Wunderschön!« wird 20 Jahre alt

  • Stefan Berkholz
  • Lesedauer: 3 Min.
Wenn sie nicht um die weite Welt reist, posiert sie vor Sehenswürdigkeiten in Deutschland, hier vor der Semperoper in Dresden.
Wenn sie nicht um die weite Welt reist, posiert sie vor Sehenswürdigkeiten in Deutschland, hier vor der Semperoper in Dresden.

Wird das öffentlich-rechtliche Fernsehen zunehmend zum Selbstbedienungsladen einiger weniger? Das Reisemagazin »Wunderschön!« vom WDR/NDR legt dies nahe. Die letzte Sendung des Formats, das nun 20 Jahre alt wird, verlief so: Judith Rakers, ehemals ständig grinsende »Tagesschau«-Nachrichtensprecherin und eine der wechselnden Moderatoren von »Wunderschön!«, lässt sich unter dem Titel »Wunderschön! Mallorca – Insel der Sehnsucht« auf die spanische Insel fliegen und hält ihr PR-Gesicht kokett in die Kamera.

Im Pressetext heißt es: »Traumhafte Strände mit kristallklarem Wasser und feinem Sand, malerische Dörfer, das Tramuntana-Gebirge mit spektakulären Landschaften für Wanderer und Naturliebhaber, mallorquinische Köstlichkeiten und ein pulsierendes Nachtleben mit Bars und Clubs.« Es kommt, wie zu befürchten war: Plattitüden und Werbeschleifen ohne Ende. »Das Blau – ist ja Waaahnsinn!«, gerät Rakers beim Blick aufs Meer außer Rand und Band. »Für Feinschmecker und Flaneure ist der Markt ein Muss!«, wirbt sie an anderer Stelle. »Wir fahren ins Landesinnere, Pluspunkte: Ruhe und herrliche Natur.« Das ist Werbeagenturjargon.

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In diesem Stil macht das Fernsehgesicht sich auf den Weg zu jener Instagram-Bucht, die in diesem Jahr in die Schlagzeilen geriet, weil einheimische Demonstranten sie besetzten, um selbst mal wieder einen Platz zu finden: Caló des Moro. Eine Drohne veranschaulicht das Areal aus der Luft, unterlegt mit Klimpermusik. Nichts weiter dran, erkennt der Betrachter. Ein paar Meter Strand nur, eine enge Bucht, nichts Markantes, kein Segelboot, kein pittoreskes Kirchlein, nichts. »Wow, das ist karibisch, tatsächlich!«

Danach darf eine deutsche Architektenfamilie ausführlich ihr Leid klagen. Der Hausherr hatte sich vor ein paar Jahren mal so nebenbei 40 000 Quadratmeter Meeresblick auf einer Hochebene geleistet. Erworben mit dem Gewinn aus einem Biergarten in Leverkusen, den er fünf kurze Jahre geführt hat, wie er verrät. Doch nun verhageln ihm von Instagram und Tiktok fremdgeleitete Horden seine Idylle. Sie verschmutzen nicht nur das Strändlein vor der Haustür, sie latschen obendrein über sein Privatgelände. Rakers ist voller Mitgefühl. Deutsches Wohlstands-Bürgertum vereint im Selbstmitleid auf privatem Grundstück im fremden Land.

Später erfährt der Zuschauer, dass der Architekt mit dem Schauspieler Uwe Ochsenknecht, auch dieser Hausbesitzer auf Mallorca, eine Musikbar betreibt. Zwei beste Freunde des Geschäftslebens. Hintergründe? Recherche? Zusammenhänge? Kommen in einem solchen Werbefilmchen nicht vor.

Rakers Freizeitgestaltung ist beneidenswert, gewiss – von der aufgewühlten Stimmung auf der Insel bekommt man hier nichts mit. Hören wir nicht in diesem Jahr wiederholt von massiven Demonstrationen vieler Mallorquiner gegen eine rücksichtslose Landnahme zahlender Fremder? Ist es nicht erst ein paar Tage her, dass deutsche Krawallpolizisten offenbar einen alten spanischen Taxifahrer verprügelt haben? Kurz darauf rast eine deutsche Luxusjacht einen spanischen Fischer zu Tode, Flucht inklusive. Das ist deutsche Besatzermentalität.

Und das öffentlich-rechtliche Fernsehen? Ein Tollhaus und Inzuchtbetrieb. Bleiben letzte Fragen: Was kosten diese anderthalb Stunden Freizeitgestaltung einer narzisstischen Fernsehgestalt? Wie schauen die Gesamtkosten für einen solchen Selbstbefriedigungsbeitrag aus? Wie hoch war das Honorar für diese Werbeshow einer enthemmten Narzisstin?

An diesem Sonntag wird von 8.45 Uhr bis 16 Uhr im WDR ein Thementag zur Sendung »Wunderschön!« anlässlich ihres 20. Jubiläums ausgestrahlt.

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