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Faschismusgedenken: Erinnern und gegen die AfD organisieren

Am Tag der Erinnerung und Mahnung der VVN-BdA in Berlin spielen die Landtagswahlen im Osten eine große Rolle

Nicht nur antifaschistische Kämpfe in Deutschland, auch das Recht auf Kriegsdienstverweigerung wurde am Sonntag vor dem nd-Gebäude diskutiert.
Nicht nur antifaschistische Kämpfe in Deutschland, auch das Recht auf Kriegsdienstverweigerung wurde am Sonntag vor dem nd-Gebäude diskutiert.

»Wir stellen uns darauf ein, dass nach dem 22. September alles noch schwieriger wird.« Rainer Witzel von der uckermärkischen Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) blickt mit Sorge auf die Landtagswahlen in Brandenburg, so wie wahrscheinlich alle Antifaschist*innen angesichts der hohen Zustimmungswerte für die AfD. Am Tag der Erinnerung und Mahnung der Berliner VVN-BdA, der jährlich am zweiten Sonntag im September in Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus begangen wird, kommen mehrere Hundert Menschen zusammen, um etwas über vergangene und aktuelle Kämpfe gegen rechts zu lernen und zu diskutieren. Die AfD steht dabei bei einigen inhaltlichen Veranstaltungen im Vordergrund. Zum Beispiel bei der Podiumsdiskussion »Unterhöhlen AfD-Mandatsträger unsere Demokratie?«, an der auch Witzel teilnimmt, um über die Situation in der Uckermark in Brandenburg zu berichten.

In Templin habe die städtische AfD-Fraktion mit fünf Verordneten in der vergangenen Legislatur 47 Anträge gestellt, davon hätten 13 Anträge mehr Stimmen erhalten, als die AfD Sitze in der Stadtverordnetenversammlung (SVV) hat, drei Anträge seien gar angenommen worden. In der laufenden Legislaturperiode hat die AfD als stärkste Fraktion sieben Sitze in der SVV. Bei den Wahlen der Vorsitzenden und Vertreter*innen der SVV hätten die AfD-Kandidaten stets mehr als diese sieben Stimmen erhalten, so Witzel. »Wir gehen jetzt immer zu den Stadtverordnetenversammlungen, um zu beobachten, was dort passiert.« Obwohl die Situation im ländlichen Brandenburger Raum schwierig sei, erhalte die etwa 40 Menschen große VVN-BdA-Gruppe Zulauf – vor allem von »jungen Leuten mit viel Tatendrang«.

Die Berliner Linke-Abgeordnete Katalin Gennburg diskutiert ebenfalls auf dem Podium über die Rolle von AfD-Fraktionen in den Parlamenten. Sie fordert eine radikale, klassenkämpferische Position ihrer Partei, um das Feld nicht den Rechten zu überlassen. Das zeige sich auch bei stadtpolitischen Fragen. Wenn sich im Osten der Hauptstadt Menschen in kleinen Mietwohnungen dagegen wehrten, dass die Wiese vor dem Fenster mit Eigentumswohnungen zugebaut wird, dann sei das eine Klassenfrage, in der sich die Linke an der Seite der Mieter*innen positionieren müsse. »Dann kommen wir aber auch mit der SPD nicht mehr zusammen«, sagt sie. Man müsse die Initiativen, die sich gründen, unterstützen, und die Menschen ernst nehmen, damit diese sich nicht der AfD zuwenden. »Wir dürfen Klassenfragen nicht der AfD überlassen.«

»Wir dürfen Klassenfragen nicht der AfD überlassen.«

Katalin Gennburg Berliner Linke-Abgeordnete

Das ebenfalls auf dem Podium vertretene Polilux-Netzwerk verfolgt einen gänzlich außerparteiischen und unabhängigen Kurs. Denn wer von öffentlichen Geldern abhängig ist, komme schnell in Existenzängste, sollten sich die politischen Machtverhältnisse verschieben, sagt Fatma Kar vom Vorstand des Vereins. Deshalb sei der Verein auch nicht gemeinnützig – der Kampf des VVN-BdA selbst habe gezeigt, wie schnell die Gemeinnützigkeit selbst solch etablierter Institutionen in Gefahr geraten kann. Polilux hat es sich zur Aufgabe gemacht, über Fördermitgliedschaften und Spenden linke Projekte, Einrichtungen und Initiativen zu unterstützen, die zu wenig oder gar keine anderweitige Förderung erhalten. Das sei notwendig in Zeiten des Rechtsrucks, der sich nicht nur in der AfD-Vertretung in den Parlamenten, sondern auch in der Politik von CDU und FDP äußere.

»Es gibt eine starke Bedrohungslage, aber es entstehen auch viele neue Projekte«, sagt Kar. Das bekomme das Polilux-Netzwerk mit, weil etwa Anträge auf Unterstützung zur Gründung neuer Jugendzentren oder Ähnliches gestellt würden. Außerdem würden trotz zahlreicher Angriffe von Neonazis auf Pride-Veranstaltungen solche immer häufiger statt seltener durchgeführt. »Es braucht dringend mehr linke Räume«, sagt Kar. Diese böten Schutz für jene, die von Rechten als Feindbild betrachtet werden. »Nicht alle können wegziehen, Geflüchtete zum Beispiel.« Außerdem könnten sich dort Menschen politisieren, und zwar nicht nach rechts.

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Zum Tag der Erinnerung und Mahnung erschienen am Sonntag weniger Menschen als im vergangenen Jahr. Elke Tischer vom Berliner VVN-BdA schätzt etwa 500 Besucher*innen über den Tag verteilt, 2023 waren es laut VVN-BdA-Angaben etwa 1000. »Die Hitze war sicherlich ein Grund, aber wir müssen uns auch darüber hinaus überlegen, woran es noch gelegen hat«, sagt sie »nd«. Das umfangreiche inhaltliche Programm aber sei gut angenommen worden, etwa eine Diskussion zum AfD-Verbot, eine Veranstaltung zu Antfaschismus und Klimabewegung oder eine zu Rechtsextremismus an Unis. »In der heutigen Zeit, in der eine Partei, die in großen Teilen offen neofaschistisch ist, von 30 Prozent der Menschen gewählt wird, müssen wir zeigen, was das mit einer Gesellschaft macht«, sagt Tischer. Aus der Geschichte lernend müsse man sich für Antifaschismus und eine Gesellschaft, in der alle sicher leben können, einsetzen.

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