Berlin: Strafen für Zeugeneinschüchterung

Berlin will Verfahrensbeteiligte besser vor Drohungen schützen

Ein Zeuge verdeckt vor einer Gerichtsverhandlung sein Gesicht.
Ein Zeuge verdeckt vor einer Gerichtsverhandlung sein Gesicht.

Der Senat will Zeugen und Beschäftigte in der Justiz besser schützen. Das kündigte Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) am Dienstag nach der Sitzung des Senats an. Berlin will demnach eine Bundesratsinitiative einbringen, um die Bedrohung von Verfahrensbeteiligten in den Strafbestand der Nötigung aufzunehmen.

Die geplante Gesetzesänderung sei »ein Zeichen des Respekts für alle, die sich tagtäglich in den Dienst der Gerechtigkeit stellen«, sagte Badenberg. Konkret sollen Drohungen gegenüber Verfahrensbeteiligten als Regelbeispiel in den Strafbestand der Nötigung aufgenommen werden. Auch der Versuch soll demnach strafbar sein. Parallel sollen die Möglichkeiten der Strafverfolgung ausgebaut werden: »In bestimmten Fällen« sollen Telekommunikationsüberwachung und Standortermittlung genutzt werden, um Drohungen gegen Zeugen und Justizangestellte aufzuklären, so Badenberg. Das Strafmaß solle allerdings nicht verschärft werden und weiterhin zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Haft liegen.

»Wir kennen alle Fälle aus der Vergangenheit, in denen Zeugen oder Gerichtspersonen bedroht worden sind«, sagte Badenberg. Eine Zeugin sei etwa an ihrer Wohnanschrift von vier Personen aufgesucht und attackiert worden, um sie von einer Aussage abzuhalten. Ein anderer Zeuge sei mit einer Schusswaffe bedroht worden, nachdem er eine Strafanzeige gestellt hatte. Auch während der Verhandlungen würden Zeugen mit Gesten und Worten bedroht. »Ich werde deine Familie töten«, habe ein Angeklagter etwa in einer Verhandlungspause zu einem Zeugen gesagt, der ihn zuvor belastet hatte.

Auch Mitarbeiter der Justiz würden immer wieder Opfer von Drohungen, so Badenberg. So würden immer wieder Privatanschriften von Richtern und Staatsanwälten veröffentlicht. Einer Richterin sei an ihre private Anschrift ein Vogelkadaver geschickt worden. Die Justizbeschäftigten erhielten »Todesdrohungen und makabere Botschaften«, sagte Badenberg. Einer Richterin habe ein Angeklagter während der Verhandlung gesagt: »Ich bringe dich um, das garantiere ich dir.« Betroffen von den Drohungen seien aber auch andere Verfahrensbeteiligte wie etwa Dolmetscher oder Gerichtsvollzieher.

Dass sich das Problem verschärfe, könne man daran sehen, dass vermehrt gefährliche Gegenstände wie Messer bei Einlasskontrollen in Gerichtsgebäuden gefunden werden, so Badenberg. Habe es 2022 noch 9600 solcher Funde gegeben, seien 2023 schon 10 700 gefährliche Gegenstände entdeckt worden. Belastbare Zahlen, wie häufig Verfahrensbeteiligte bedroht werden, gibt es aber laut Badenberg nicht.

»Mit den Drohungen soll die Täteridentifizierung erschwert werden«, sagte Badenberg. Häufig sei auch das Ziel, Prozesse zu verzögern oder die Beweisaufnahme zu behindern. Besonders die organisierte Kriminalität sei immer wieder für Einschüchterungsversuche verantwortlich. Höhere Strafen für Täter, die Verbrecherbanden angehören, soll es aber laut Badenberg nicht geben.

»Ich rechne mit einer großen Mehrheit im Bundesrat«, sagte Badenberg. Vorgespräche hätten gezeigt, dass es auch bei den Justizministern der anderen Bundesländer eine große Offenheit für das Thema gebe.

»Der Grundgedanke von CDU und SPD, in Sachen Nötigung und Bedrohung nachzuschärfen, hat unsere volle Unterstützung«, erklärte der Berliner Landesverband der Gewerkschaft der Polizei in einer Stellungnahme. Die Polizeigewekschaft fordert allerdings, Drohungen gegen Verfahrensbeteiligte als gesonderten Tatbestand in das Strafgesetzbuch aufzunehmen und härter als andere Nötigungen zu bestrafen.

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