Tarifrunde Metall- und Elektroindustrie: Start auf engen Bahnen

Tarifauftakt in der Metall- und Elektroindustrie

An einer Demonstration in München nahmen am Mittwoch laut IG Metall 5000 Beschäftigte teil.
An einer Demonstration in München nahmen am Mittwoch laut IG Metall 5000 Beschäftigte teil.

Es ist mächtig Dampf auf dem Kessel. Die Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie beginnt unter äußerst schwierigen Rahmenbedingungen. Da sind die bundesweit 3,9 Millionen tarifgebundenen Beschäftigten der Branche, die zurückschauen und sich nach einem Ausgleich der zurückliegenden Preissteigerungen sehnen. Die Arbeitgeber hingegen blicken in die Zukunft und beschwören düstere wirtschaftliche Aussichten.

So hatte der mächtige Arbeitgeberverband Südwestmetall bereits im Juni, noch bevor die Gewerkschaft IG Metall ihre Kernforderung nach sieben Prozent mehr Lohn öffentlich gemacht hatte, eine Nullrunde ins Spiel gebracht. »Zu verteilen gibt es aktuell überhaupt nichts«, hatte Südwestmetall-Chef Harald Marquardt gesagt. »Die richtige Zahl wäre eine Null – und selbst die wäre noch zu hoch.« Die Produktion sei um 7,4 Prozent zurückgegangen und liege noch immer unterhalb von 2018, argumentieren die Arbeitgeberverände, die Zahl der Aufträge sei um 6,8 Prozent gesunken und es stünden hohe Kosten mit Blick auf die Transformation in Aussicht. Zuletzt wurde auch in vielen nahmhaften Unternehmen über Stellenabbau und Standortverlagerung nachgedacht.

»Das Elektroauto hat gezeigt, dass wir eine in die Zukunft gerichtete Industriepolitik brauchen, und dazu gehören auch Investitionen in das Personal.«

Jan Otto
Erster Bevollmächtigter IG Metall Berlin

Die IG Metall hat sich mit ihrer Forderung nach 7 Prozent, die selbst innerhalb der Gewerkschaft als moderat gelten, in eine schwierige Ausgangsposition gebracht. Denn so bleibt wenig Verhandlungsspielraum. Die Tarifkommission hatte die Forderung per Befragung von 320 000 Mitgliedern bestimmt. In den sieben Prozent sei das Spannungsverhältnis zwischen mehr Geld und Arbeitsplatzsicherheit zum Ausdruck gekommen, hieß es damals. Gegenüber »nd« erklärt der Erste Bevollmächtigte der Geschäftsstelle in Berlin, Jan Otto: »Ich hätte es auch verstanden, wenn die Beschäftigten mehr gewollt hätten. Von daher ist aber auch klar, dass ein Ergebnis am Ende deutlicher näher an der Sieben liegen muss als an der Nullrunde.« Lohnerhöhungen stärkten die Kaufkraft und belebten so die Wirtschaft, argumentiert die Gewerkschaft. Der Gewinn vieler Unternehmen sei weiterhin gut und der Anteil der Lohnkosten – allerdings in Anbetracht hoher Energiekosten – mit 16,1 Prozent der niedrigste Wert innerhalb der vergangenen zehn Jahre.

Regional kann die Lage unterschiedlich ausfallen. In Berlin sei die Konjunktur weitaus besser als im bundesweiten Vergleich, konstatiert Jan Otto von der IG Metall Berlin, deren Einzugsgebiet von kleinen und mittelgroßen Betrieben dominiert wird. »Wir kämpfen hier eher mit dem Fachkräftemangel.« Weiter kritisiert Otto, dass die Argumentation der Unternehmen vor allem auf gegenwärtigen Kennzahlen beruhe: Wer jetzt Nullrunden und Entlassungswellen vorantreibe, blase in das gleiche rückwärtsgewandte Horn, das im internationalen Wettbewerb erst in diese Lage geführt habe. »Das Elektroauto hat doch gezeigt, dass wir eine in die Zukunft gerichtete Industriepolitik brauchen, und dazu gehören Investitionen, auch in das Personal«, sagt Otto.

Ab 29. Oktober mit dem Ende der Friedenspflicht sind Arbeitskampfmaßnahmen möglich. »Wenn bis dahin keine Einigung erzielt ist, werden wir für die Arbeitgeber spürbar zu Arbeitskämpfen aufrufen. Ich kann jetzt nicht sagen, wo das sein wird, aber es ist bereits geplant«, sagt Otto. Am Mittwoch gab es in ersten Tarifgesprächen in Sachsen und Bayern wie zu erwarten keine Annäherungen. Das teilte die IG Metall mit.

Neben der Ausbildungsvergütung, weiteren Freiheiten bei der Arbeitszeitgestaltung und tariflichen Extras für Gewerkschaftsmitglieder dürfte ein Knackpunkt die Vertragslaufzeit sein. Hier fordert die IG Metall wie 2022 zwölf Monate. Damals einigte man sich auf 24 Monate, die in vielen Branchen üblich sind.

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