- Kommentare
- EU-Nichtbeteiligungsklausel
Asyl in der EU: Populistisches Rosinenpicken
Matthias Monroy zum Antrag der Niederlande und Ungarn auf EU-Asyl-Sonderregeln
Es gibt viele Gründe, die EU für ihre Migrationsgesetze zu kritisieren. Die Freiheiten für Bürger*innen des Schengen-Raums geht beispielsweise mit Unfreiheiten von Nicht-Europäer*innen einher. Dennoch ist die EU auch eine Solidargemeinschaft, die funktionieren kann, wenn alle Staaten die beschlossenen Maßnahmen umsetzen. Hierzu gehört die GEAS-Reform, die zwar die Migrationsabwehr ausbaut, jedoch auch Verpflichtungen für Asylverfahren vorsieht. So können etwa Staaten, die besonders viele Anträge zu bearbeiten haben, andere Länder zur Übernahme auffordern (die betroffenen Asylsuchenden damit allerdings auch in ein anderes Land zwingen). Weigern sich diese angefragten Regierungen, müssen sie eine Ausgleichszahlung leisten.
Nach einer Ankündigung der Niederlande will nun auch Ungarn eine Nichtbeteiligung an den neuen EU-Asylvorgaben beantragen. Dieses populistische Rosinenpicken wird im Rat keine einstimmige Mehrheit finden und – da es der Rechtsstaatlichkeit zuwider läuft – vor dem Europäischen Gerichtshof keinen Bestand haben.
Hinter dem Antrag auf Nichtbeteiligung steckt also ein politisches Kalkül der Regierungen in Amsterdam und Budapest: Die übrigen Staaten mit einem Dominoeffekt weiter nach rechts zu treiben. Abermals zeigt sich daran: Die Instrumentalisierung des Themas Migration nutzt am Ende nur den Rechtsextremen, die ihre Agenda durchdrücken können, ohne konstruktiv an solidarischen Lösungen mitzuarbeiten.
Kontext: Ungarn will wie die Niederlande aus den Asylregeln der EU aussteigen. Das kündigte Ungarns Europaminister Janos Boka am Mittwoch an. »Gegen illegale Migration ist hartes Vorgehen notwendig«, schrieb er auf X. Deswegen wolle Budapest einen Ausstieg aus diesen Regeln beantragen, falls eine Änderung der EU-Verträge dies zuließe. Zuvor hatten die Niederlande bei der EU-Kommission den Ausstieg aus den EU-Asylregeln beantragt. Der Rechtspopulist Geert Wilders, der mit seiner radikal-rechten Partei für die Freiheit erstmals in der Regierungskoalition sitzt, sprach von einem wichtigen Signal, »dass ein neuer Wind weht in den Niederlanden«. Dass die Niederlande und Ungarn Erfolg haben werden, ist unwahrscheinlich. Einer solchen Ausnahme müssen alle 27 EU-Staaten zustimmen. Außerdem hat sich die EU auf eine Asylreform geeinigt und muss diese nun umsetzen. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.