CDU und FDP zusammen mit AfD gegen linkes Zentrum

In Halle will das rechts-konservative Bündnis verhindern, dass das Projekt »Reil 78« eine Perspektive hat

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
In der großen Villa in der Reilstraße 78 in Halle befindet sich seit vielen Jahren ein linkes Zentrum. FDP, CDU und AfD wollen das ändern.
In der großen Villa in der Reilstraße 78 in Halle befindet sich seit vielen Jahren ein linkes Zentrum. FDP, CDU und AfD wollen das ändern.

In den vergangenen Monaten wurde viel über die Gefahren für linke Projekte durch Wahlerfolge der AfD gesprochen. Am Umgang mit der Reilstraße 78 zeigt sich konktret, dass CDU, FDP und eine sich unpolitisch gebende lokale Bürgerliste bereit sind, mit der AfD gegen linke Projekte vorzugehen.

Die große alte Villa mit den bunten Graffiti und den antifaschistischen Parolen in der Reilstraße 78 am Rande von Halle an der Saale ist nicht zu übersehen. 2001 wurde das ehemalige Kinderheim von Menschen aus der linken Szene besetzt, die dort ein soziokulturelles Zentrum errichten wollten. Die Besetzer*innen bekamen schnell einen Nutzungsvertrag und die »Reil 78« wurde bald zu einem wichtigen antifaschistischen Treffpunkt in der Stadt. Aktuell ist das Projekt allerdings akut bedroht.

Dabei sah es vor einigen Monaten noch ganz anders aus. »Halles bekanntestes besetztes Haus wechselt den Besitzer. Eigentümer soll der Verein werden, der Haus und Fläche seit Jahren als soziokulturelles Zentrum nutzt«, schrieb die    »Mitteldeutsche Zeitung« im Juni. Das Lokalblatt berichtete, dass der Finanzausschuss mit sechs zu fünf Stimmen diese Entscheidung zugunsten der Nutzer*innen des linken Zentrums getroffen hatte, das Gebäude für 300 000 Euro an die Reile Haus GmbH zu verkaufen. Die Zeitung hatte schon damals geschrieben, woher der Widerstand gegen den Beschluss kam. »Nicht zuletzt aus dem Stadtrat bekam die Reil 78 aber auch immer wieder Gegenwind, speziell von der AfD. Der Partei ist die Unterstützung sozio-kultureller Projekte durch die Stadt grundsätzlich ein Dorn im Auge.«

Dass die Entscheidung jetzt in Frage gestellt wird, liegt an den Ergebnissen der Kommunalwahlen. Durch sie wurden AfD und CDU gestärkt, die das linke Hausprojekt bekämpfen. Auch die FDP und eine Regionalpartei zeigen keine Berührungsängste mit der AfD. Die neue rechte Mehrheit aus AfD, CDU, FDP und Bürger für Halle stimmte Mitte September im Finanzausschuss gegen den Verkauf an den Verein.

CDU, FDP und Bürger für Halle störten sich vor allem an den angeblich zu niedrigen Kaufpreis. Allerdings hatte das Landesverwaltungsamt Mitte September  den Kaufpreis von 300 000 Euro für die Reilstraße 78 bestätigt und erklärt, dass der Verkauf mittels eines Verkehrswertgutachtens zulässig ist.

Horst Schmidt (Name von der Redaktion geändert) von der Reilstraße 78 wies gegenüber »nd« auf eine besondere Art der Kooperation zwischen CDU und AfD hin. Der von der CDU gestellte Anfrage, den Verkaufsprozess bis zur Entscheidung im Stadtrat am kommenden Mittwoch auszusetzen, hätte eigentlich bei der Sitzung gar nicht zur Abstimmung stehen dürfen. »Dieser Antrag wurde zu spät eingereicht und hält die 21-Tage-Frist der Geschäftsordnung nicht ein«, so Schmidt. Trotzdem hat der Vorsitzende des Finanzausschuss mit AfD-Parteibuch den Antrag zur Abstimmung zugelassen.

»Es überrascht uns nicht, dass ein AfD-Vorsitzender sich nicht an Regeln und Gesetze halten will, wenn es ihm ideologisch nicht in den Kram passt. Was uns aber doch überrascht, ist, dass die anderen Parteien, die sonst penibel darauf achten, das alles rechtskonform abläuft, unwidersprochen mitspielen«, so die Einaschätzung von Schmidt. Un weiter: »Dies ist nur ein Vorgeschmack darauf, was uns erwartet, wenn die AfD in hohe Ämter kommt.«

Am 25. September wird sich zeigen, ob die rechte Mehrheit den Verkauf der Reilstraße an den Verein endgültig verhindert. Dann will der Stadtrat in Halle darüber entscheiden. Mittlerweile haben Unterstützer*innen des linken Zentrums eine Petition unter dem Titel »Reil 78 ist unser Haus« gestartet. »Nun liegt es an Einzelnen und an jedem einzelnen Mitglied des Stadtrates, ob wir bleiben und unsere Planungen und Pläne verwirklichen können oder ob die Reil das erste Projekt von vielen sein wird, das dem Kulturkampf von AfD und neuen rechten Mehrheiten zum Opfer fällt«, heißt es in der Petition.

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