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Schließung des Al-Jazeera-Büros: Verdunkelung von Verbrechen
Cyrus Salimi-Asl über die Schließung des Al-Jazeera-Büros im Westjordanland
Israelische Soldaten sind am Sonntagmorgen, noch vor Sonnenaufgang, schwer bewaffnet und zum Teil vermummt in die Büroräume des Fernsehnachrichtenkanals Al-Jazeera in Ramallah eingedrungen und haben die Schließung angeordnet. Das offensichtliche Ziel dieser Razzia: zum einen Al-Jazeeras Journalisten dafür zu bestrafen, dass sie die Menschenrechtsverbrechen der israelischen Armee im besetzten Westjordanland und im Gazastreifen publik machen; zum anderen sie für einige Zeit zum Schweigen zu bringen. Ein klarer Verstoß gegen Medien- und Meinungsfreiheit und ein Rechtsbruch der Osloer Verträge, denn in Ramallah, der De-facto-Hauptstadt der Palästinensischen Selbstverwaltung, hat Israel keine Rechte. Der Sender ist nach palästinensischen Angaben von der Palästinensischen Autonomiebehörde zugelassen worden, nicht von israelischen Behörden, die gegen Al-Jazeera im Übrigen bereits ein Sendeverbot für Israel verhängt haben.
Offensichtlich will die israelische Regierung Zeugen ihrer Besatzungspolitik und des brutalen Kriegs im Gazastreifen zum Verstummen bringen, denn Al-Jazeera ist eines der wenigen Medien, die mit Reportern vor Ort die Geschehnisse rund um das Leben im Westjordanland, die Besatzungspolitik und die Repression von Palästinensern in die Wohnzimmer tragen – konstant und weltweit.
Erst vor wenigen Tagen haben Reporter ohne Grenzen (RSF) und überregionale deutsche Medien die Regierungen von Israel und Ägypten in einem Offenen Brief aufgefordert, Journalistinnen und Journalisten ungehinderten Zugang zum Gazastreifen zu gewähren. »Wer unabhängige Berichterstattung über diesen Krieg unmöglich macht, beschädigt die eigene Glaubwürdigkeit. Wer uns verbietet, im Gazastreifen zu arbeiten, schafft die Voraussetzungen, dass Menschenrechte verletzt werden«, heißt es darin. Das trifft haargenau auf das Westjordanland zu, wo die israelische Armee nach Ansicht verschiedener Beobachter einen weiteren Kriegsschauplatz eröffnet hat und mit militärischen Attacken in den Flüchtlingslagern, wahllosen Verhaftungen und Erschießungen die Vertreibung der Palästinenser begonnen hat.
Die willkürliche Schließung eines Mediums durch staatliche Behörden ist immer ein Warnsignal, dass unliebsame Stimmen zum Schweigen gebracht werden und mögliche Rechtsverstöße vertuscht werden sollen. Im konkreten Fall hindert die israelische Regierung die Journalisten von Al-Jazeera daran, die Entrechtung der palästinensischen Bewohner an die Öffentlichkeit zu bringen. Ihre kritischen Stimmen sollen mundtot gemacht, Bilder wie die von vor einigen Tagen, als israelische Soldaten Leichname getöteter Palästinenser von einem Dach warfen, nicht weiter verbreitet werden.
Die volle Kontrolle über die Medienberichterstattung wünscht sich jeder Krieg führende Staat, Israels Regierung macht da keine Ausnahme. Mit dem Vorwurf an Al-Jazeera, einseitig zu berichten oder sogar Sprachrohr von Hamas und Hisbollah zu sein, macht es sich die israelische Regierung zu einfach. Wenn es einseitige Berichte und Zweifel an der journalistischen Unabhängigkeit gibt, können diese vor Regulierungsbehörden oder Gerichten zur Diskussion gestellt werden. Die investigative Arbeit der Al-Jazeera-Reporter ist notwendig und findet keinen Ersatz in israelischen Medien, weil diese häufig selbst nur ausgewählte Facetten des Kriegs im Gazastreifen und der Besatzungspolitik zeigen. Auf Al-Jazeera kommen zudem regelmäßig israelische Kritiker der Kriegspolitik Benjamin Netanjahus zu Wort. Das ist viel wert.
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