- Politik
- Frau von Ales Bjalazkij
»Ich habe wenig Hoffnung, dass er bald entlassen wird«
Die Frau von Friedensnobelpreisträger Ales Bjalazkij über die Lage politischer Gefangener in Belarus
Frau Pintschuk, wann haben Sie zuletzt von Ales Bjalazkij gehört?
Am 7. Juli habe ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder eine Postkarte erhalten. Ansonsten gibt es fast keine Korrespondenz mehr. Briefe werden selten weitergereicht. Er hat mich gebeten, Medikamente zu schicken, sein Gesundheitszustand ist nicht gut.
Was macht er im Lager?
Ich kenne nicht alle Einzelheiten, aber die Häftlinge in diesem Lager arbeiten in der Holzverarbeitung. Sie stellen dort Möbel her oder sägen Dielen. Das ist auch das, was Ales den ganzen Tag macht.
Vor kurzem gab es einen Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen. Wurden Sie kontaktiert, um Ihren Mann als Nobelpreisträger und hochrangigen politischen Gefangenen einzubeziehen?
Ich habe erst später davon erfahren. Ich wusste nicht, dass ein solcher Austausch in Vorbereitung war. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass auch mein Mann ausgetauscht würde. Das Schicksal hat anders entschieden. Ich freue mich für diejenigen, die freigelassen worden sind.
Ales Bjalazkij ist ein belarussischer Menschenrechtler und Gründer der Menschenrechtsorganisation Wjasna. Für seine Arbeit erhielt Bjalazkij mehrere internationale Auszeichnungen, darunter dem Friedensnobelpreis 2022. Seit Oktober 2021 ist er in Belarus inhaftiert. Mit seiner Frau Natalja Pintschuk sprach Ardy Beld für »nd«.
Von Seiten der belarussischen Staatsmacht ist auch keine Amnestie zu erwarten?
Ich befürchte nicht. Seltsam war aber, dass neulich etwa 30 belarussische politische Gefangene vorzeitig entlassen wurden.
Eine Massenfreilassung trotz der täglichen neuen Verhaftungen?
Tatsächlich. Noch immer werden jeden Tag neue unschuldige Bürger verhaftet. Warum diese 30 politischen Gefangenen auf einmal freigelassen wurden, ist mir ebenfalls ein Rätsel. Ich rechne ehrlich gesagt nicht mit einer guten Tat des Regimes. Es steckt bestimmt etwas dahinter. Aber wichtig ist, dass nicht nur Ales hinter Gittern sitzt. Es gibt noch 1350 andere politische Gefangene, die genau wie er ohne jeglichen Grund zu Haftstrafen bis zu 25 Jahren verurteilt worden sind.
Ihr Mann war schon einmal von August 2011 bis Juni 2014 eingesperrt, offiziell wegen Steuerhinterziehung. Wie ist er damals entlassen worden?
Die Geschichte wiederholt sich in gewisser Weise. Leider habe ich jetzt aber viel weniger Hoffnung, dass er bald entlassen wird. Er verbüßte damals einen großen Teil seiner Strafe und wurde plötzlich auf freien Fuß gesetzt. Als er mich mit dieser Nachricht anrief, kam das für mich völlig überraschend.
Haben Sie nach dieser Entlassung darüber gesprochen, Belarus zu verlassen?
Nein, eigentlich nicht. Für ihn war das nie eine Option. Im Jahr 2021 – als die Gefahr einer Verhaftung sehr real wurde – fragte ich ihn, ob es nicht besser sei, das Land zu verlassen. Er sagte: »Das kann ich nicht machen. Ich bin verantwortlich für meine Leute, die inhaftiert sind. Ich kann sie nicht im Stich lassen.« Danach haben wir nicht mehr darüber gesprochen.
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Hat er sich schnell wieder an das normale Leben gewöhnt, als er 2014 freikam?
Ja, er konnte sich schnell anpassen. Es gab einige Dinge, an denen ich bemerkte, dass das Leben außerhalb des Lagers für ihn ungewöhnlich war. Ich erinnere mich, dass wir die Straße entlanggingen und er sagte: »Wie bunt die Leute doch alle gekleidet sind.« Der Kontrast zwischen dem Schwarzgrau der Lager und den Farben da draußen fiel ihm damals besonders auf.
Wie lange wird es noch dauern, bis Belarus das Schwarzgrau endlich hinter sich lassen wird?
Ich bin mir sicher, dass diese Zeit kommen wird. Wann genau, ist schwer zu sagen. Ich hoffe, dass wir es noch erleben werden, dass alle, die jetzt in den Gefängnissen und Lagern sitzen, alle, die unter der Repression in Belarus leben, und alle, die ihre Heimat verlassen mussten, es noch mit eigenen Augen sehen werden können.
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